Nico Schlotterbeck ist ein selbstbewusster Fußball-Profi, Nationalspieler und aktuell heiß begehrt auf dem europäischen Transfermarkt. Der Innenverteidiger ist ein Führungsspieler von Borussia Dortmund, dessen Wort innerhalb der Mannschaft wahrscheinlich ein größeres Gewicht hat als das von Kapitän Emre Can.
Deshalb dürften seine harten Worte nach dem 2:2 gegen das norwegische Team FK Bodø/Glimt umso mehr Wirkung entfalten, als wenn sie von einem Mitläufer kämen.
Nico Schlotterbeck schwer genervt von BVB-Mitspielern
Was Schlotterbeck am Mikrofon des übertragenden Bezahlsenders Dazn nach dem Schlusspfiff in Rage brachte, war die Leistung seiner Mitspieler. Zweimal war der BVB im eigenen Stadion gegen die Norweger in Führung gegangen, zweimal hatten sie den Ausgleich kassiert und so wichtige Punkte verschenkt, weil der BVB fahrig und nachlässig agierte.
Dass Spieler nach Schlusspfiff die eigene Mannschaft (oder sich selbst) kritisieren, ist nichts Ungewöhnliches, brisant wird es erst, wenn Mitspieler konkret benannt werden. In diesem Fall griff Schlotterbeck die Einwechselspieler Serhou Guirassy, Karim Adeyemi, Daniel Svensson, Emre Can und Julian Ryerson: "Die Spieler, die reinkommen, verlieren jeden Ball", schimpfte er.
Besonders Adeyemi und Guirassy dürften sich angesprochen fühlen, denen nach ihrer Hereinnahme in der 67. Minute kaum mehr etwas gelang. "Wenn man reinkommt in der 60. Minute, erwarte ich 30 Minuten Volldampf", schimpfte Schlotterbeck weiter, ohne konkrete Namen zu nennen.
Damit hat der BVB wieder eine hitzige Debatte um die Einstellung der Mannschaft am Hals. Es ist eine Frage, die sie in Dortmund in den vergangenen Jahren immer wieder beschäftigt hat. Unter Trainer Niko Kovac war das Thema fast verschwunden. Er schien der Mannschaft die Launenhaftigkeit ausgetrieben zu haben. Doch in der Partie gegen Bodø/Glimt war sie wieder voll da – in ihrer schlimmsten Form.
Niko Kovac kritisiert Mannschaft ebenfalls
"Wir spielen Champions League. Das ist viel zu wenig", schimpfte Schlotterbeck: "Das ist nicht bitter, sondern einfach schlecht." Der 26-Jährige sprach zudem von "unfassbar schlechten ersten Kontakten" am Ball: "Wir spielen den Pass immer in den falschen Fuß."
Kovac äußerte sich nach der Partie sich nicht direkt zu Schlotterbecks deftigen Äußerungen, die er nach eigenen Angaben zu dem Zeitpunkt noch nicht gehört hatte. Allerdings kritisierte Kovac ähnliche Dinge wie sein Abwehrchef und hielt seinem Team laut Sportdirektor Sebastian Kehl nach der Partie noch in der Kabine eine Standpauke. "Nach dem 2:2 und dem Unmut, den wir alle spüren, ist das, glaube ich, auch angebracht", sagte Kehl dazu.
Kehl hatte vor dem Spiel einen Sieg gefordert, um die Chancen auf die direkte Achtelfinal-Qualifikation zu erhöhen. Bei den beiden noch ausstehenden Vorrundenspielen im Januar bei den Tottenham Hotspur und gegen Inter Mailand drohen im Februar nun zusätzliche Play-off-Partien. "Die Spieler sollten sich schon bewusst sein, was sie heute hier verspielt haben", sagte Kehl, der von einer gewissen "Überheblichkeit" sprach.
Noch mehr Gewicht erhalten Schlotterbecks Aussagen, weil der Schlüsselspieler aktuell zögert, seinen 2027 auslaufenden Vertrag in Dortmund zu verlängern. Europäische Spitzenteams sollen am Abwehrspieler interessiert sein. Schlotterbeck soll eine mögliche Vertragsverlängerung zuletzt auch von der Aussicht auf Titelgewinne mit dem BVB abhängig gemacht haben.
Mit Material von DPA