Wenn Oliver Kahn mit einem Messer auf den Schiedsrichter zuläuft, denkt ein unbedarfter Zuschauer eigentlich sofort, dass es um den Unparteiischen gleich geschehen ist. Referee Veissiere aus Frankreich hatte Glück: Unser Oli wollte sich nur beschweren, dass ein Rotterdamer Fan diesen Wurfgegenstand angeblich an ihn adressiert hatte - auch wenn der Fundort etwas entfernt vom Tor lag.
Veissiere gab dem - mit Wurfgeschossen bestens vertrauten - Keeper recht. Der Sachverhalt wurde zu Protokoll genommen und der Gegenstand vom Feld entfernt.
Doch es half alles nichts. Auch ohne Messer holte Feyenoord Rotterdam dem FC Bayern die Butter vom Brot. Letztendlich konnten die Münchner gerade noch ein 2:2 aus dem »De Kuip«-Stadion retten. Das Unentschieden schmeichelte dem FC Bayern München im Champions League-Nachholspiel bei Feyenoord Rotterdam.
Starker Auftakt der Münchner
Und das obwohl Bayern stark begann. Nach einem druckvollem Auftakt stocherte Elber in der 16. Minute das Leder zur 1:0-Führung über die Linie. Dann ließen sich die Münchner vom Gastgeber die Weißwurst vom Teller klauen. Feyenoord erspielte sich immer mehr Großchancen. Oliver Kahn konnte diese - mit Weltklasse Reflexen - zunächst vereiteln.
Trotz allem, Rotterdam ging verdient mit 2:1 in Führung. Ein überragender van Hooijdonk, den weder Robert Kovac, noch irgendein anderer Bayernspieler in den Griff bekam, erzielte das 1:1. Das 2:1 durch Thomasson in der Nachspielzeit der ersten Hälfte bereitete er vor.
Es hätte »schlimmer kommen können«
Wenn nicht erneut Giovane Elber gleich zu Beginn der zweiten Hälfte mit einem Winkelhammer aus zehn Metern den Ausgleich besorgt hätte, wäre es um die Bayern wohl geschehen gewesen. So aber war Feyenoord, denen ein Unentschieden nicht reichte, wieder in Zugzwang. Welch Glück, das den Rotterdamern am Ende die Luft ausging. Sonst wäre es für die Bayern sicherlich schlimmer gekommen.
Aber was heißt schon »schlimmer gekommen«. Seien wir doch mal ehrlich. Ein Unentschieden bei Feyenoord Rotterdam - ist das für einen Verein vom Format des FC Bayern München nicht ein etwas dürftiger Anlass zur Freude?
Rotterdam hatte zuletzt nicht viel zu lachen. Im letzten Champions League-Spiel kamen die Holländer mit 0:4 bei Sparta Prag unter die Räder. Da sollten die Bayern doch mehr als einen mageren Punkt herauszuschlagen. Schließlich ist man ja noch der aktuelle Champion der Champions.
Für eine erfolgreiche Verteidigung dieses Titels wäre ein Sieg jedenfalls recht förderlich gewesen. Der hätte sechs Punkte Vorsprung auf Platz Drei beschert, nachdem Sparta Prag sich gegen Moskau erfolgreich durchgesetzt hat. Damit wäre man der Qualifikation für die Zwischenrunde ein erhebliches Stück näher gerückt. So bleibt den Bayern aber erst mal nur Platz Zwei in der Gruppe H.
Verletzungspech ist keine Ausrede
Ausreden gibt es genug. Die Münchner werden ja schließlich vom Verletzungspech geplagt.
Aber schauen wir uns das Team doch einmal an. Welcher Akteur in dieser Elf ist denn schon ein wirklicher Auswechsel- oder nur Ergänzungsspieler.
Die Marktpreise für »Ergänzungen« wie Robert Kovac oder Claudio Pizarro liegen alle fern der zehn Millionen Mark. Und auf der Bank findet man dann immer noch Hochkaräter wie Owen Hargreaves, Ciriaco Sforza oder Roque Santa Cruz. Solche Stars sollten eigentlich in der Lage sein, Lücken zu stopfen.
Kahn und Elber als Retter
Aber auch ein Blick auf die Spieler der Gegnerseite rechtfertigt das Ergebnis da wenig. Van Hooijdonk oder Everton sind zwar Topspieler; aber was passiert wenn die Münchner Abwehr es mit Ausnahmestürmern wie Shevchenko, Raul oder Michael Owen zu tun bekommt.
Da werden dann wohl die überragenden Leistungen von Giovane Elber und Oliver Kahn allein nicht reichen, um ein Spiel zu gewinnen, oder ein Unentschieden zu »retten«.
Leverkusen fast in der Zwischenrunde
Bayer Leverkusen hat es dagegen fast geschafft. Mit einem 2:1-Heimerfolg über Fenerbahce Istanbul festigt der Werksclub die Tabellenführung in der Gruppe F.
Der Brasilianer Lucio präsentierte in der BayArena wieder einmal seine Topform. Er war zwar am 0:1 durch Revivo in der 6. Minute nicht ganz unschuldig, sorgte aber eine halbe Stunde später persönlich für den Ausgleich. Kurz zuvor war Istanbuls Johnson mit einer gelb-roten Karte vom Platz gestellt worden. Auch Michael Ballack, der das Tor vorbereitete, zeigte sich in Spiellaune und erzielte in der 59. Minute den 2:1 Endstand.
Bayers makellose Bilanz
Durch die makellose Bilanz von drei Siegen aus drei Champions League-Spielen sind die Rheinländer mit einem Fuß in der Zwischenrunde. Bereits sechs Punkte Vorsprung hat die Toppmöller-Elf auf den dritten Platz.
Bei Leverkusen läuft es im Moment. Bayer ist nun seit 14. Pflichtspielen ungeschlagen.
Christian Meyer