Überraschung im EM-Kader Julian Draxler - der bessere Odonkor

Bundestrainer Joachim Löw zauberte bei der Nominierung des erweiterten Kaders für die Fußball-EM in Polen und der Ukraine eine große Überraschung aus dem Hut: Schalke-Jungstar Julian Draxler gehört zu den 27 Auserwählten.

Julian Draxler hatte außer Joachim Löw wirklich niemand auf der Kandidatenliste. Die Berufung des Schalkers ist in etwa so überraschend, wie die Nominierung von David Odonkor vor der WM 2006. Aber Draxler kann viel mehr als nur die Außenlinie auf und ab zu sprinten. "Er ist ein Spieler mit enorm viel Potenzial, Stärken im Eins-gegen-Eins und einer sehr guten Spielintelligenz", sagte der Bundestrainer am Montag zur Berufung des 18-jährigen Mittelfeldspielers vom FC Schalke in den erweiterten Kader für die Fußball-EM in Polen und der Ukraine.

Aus heiterem Himmel kam die Botschaft auch für Draxler selbst. In der großen Schulpause hörte der Abiturient seine Mailbox ab und traute dem Gehörten erst nicht. "Du stehst im erweiterten EM-Kader", hinterließ Löw. "Die Nominierung kam für mich völlig unerwartet. Das ist eine große Ehre für mich. Natürlich werde ich mein Bestes geben", so der Schalker in einer ersten Reaktion.

Entscheidung am 29. Mai

"Ich freue mich sehr, dass Julian dabei ist. Diese Erfahrung wird neu für ihn sein, das muss er mitnehmen", sagte Schalke-Cheftrainer Huub Stevens über die Nominierung seines Schützlings, der bisher kein einziges A-Länderspiel bestritten hat. "Er kann in den nächsten Tagen sehr viel lernen", so der Coach weiter. Für Olaf Thon, Weltmeister von 1990, ist die Draxler-Berufung ein Zeichen für die Zukunft: "Julian hat es verdient." Bis zum 29. Mai muss Löw nun entscheiden, ob Draxler auch zum endgültigen EM-Kader gehören wird. Dann muss der Bundestrainer vier Spieler aus dem jetzigen 27er Aufgebot streichen. Und die Chancen, dass er im Sommer in Polen und der Ukraine dann auch wirklich dabei ist, stehen gar nicht mal schlecht.

In dieser Saison teilweise von Stevens geschont

Die Karriere des Offensivtalents, der bei Schalke einen Vertrag bis 2014 hat, läuft damit weiter in rasanter Geschwindigkeit ab. Als viertjüngster Bundesliga-Debütant gab er im Alter von 17 Jahren und 117 Tagen am 15. Januar 2011 seinen Einstand. In der soeben beendeten Saison bestritt er 30 Bundesligaspiele, obwohl er an der Gesamtschule Berger Feld, die fast direkt an der Schalker Arena liegt, nebenbei noch für das Abitur büffelt.

"In dieser Saison haben wir Julian teilweise bewusst geschont, wenn wir gemerkt haben, dass er als junger Spieler eine Pause braucht", berichtet Huub Stevens. "Das hat sich ausgezahlt, denn derzeit ist er frisch und ausgeruht." Davon konnte man sich eindrucksvoll am vergangenen Wochenende überzeugen, als Draxler beim 3:2-Sieg der Königsblauen bei Werder ein Traumtor gelang.

Er selbst empfindet sich auch im Fußball noch als Lernender. "Ich bin noch nicht so weit wie Götze oder Reus", sagte er einmal. Das weiß auch Löw. "Julian hat noch nicht diese Konstanz, er hat schulische Verpflichtungen, und er könnte ja noch in einem U-Team spielen", meinte Löw. Draxler und Stevens hatte er erst am Montagmorgen telefonisch über sein Vorhaben informiert. "Er wird durch die Nominierung einen weiteren Schub bekommen", hofft Löw. Und ganz Fußball-Deutschland hofft mit.

DPA
kbe/DPA

PRODUKTE & TIPPS