FUSSBALL Hoeneß und die Kunst des taktischen Muffelns

Während sich Karl-Heinz Rummenigge nach dem Sieg der Bayern sichtlich freute, verteilte Uli Hoeneß fleißig »Euphorie-Watschen« an seine Spieler.

Während sich Geburtstagskind Karl-Heinz Rummenigge nach dem Champions-League-Sieg der Bayern sichtlich freute, trat Uli Hoeneß kräftig auf die Spaß-Bremse. Noch bevor die Mannschaft die Rückreise auf Moskau antrat, verteilte der Bayern-Manager »Euphorie-Watschen« an seine Spieler. »Es macht keinen Sinn, jetzt in Euphorie zu verfallen, sondern nach Hause zu fliegen und auf die Tabelle zu schauen: Vier Punkte, okay, basta«, verkündete er überraschend defensiv nach dem 3:1 (2:0) gegen Spartak Moskau.

Euphorie-Vollbremsung

Hoeneß akzeptierte auch keinen Widerspruch. »Ich glaube schon, dass das ein ziemlich glücklicher Sieg war. Die Leistung war nicht das, was man sehen will«, beharrte der Manager. So ganz konnte er sein Lächeln dann aber doch nicht hinter der finsteren Miene verstecken. Da war er also wieder, der Uli Hoeneß, der immer wieder versucht, »seine« Bayern auf Kurs zu halten. Wenn es sein muss, sogar auch mit einer rein taktischen Euphorie-Vollbremsung.

Geburtstagskind Rummenigge

Vizepräsident Rummenigge, der am Dienstag 46 Jahre alt wurde, steckte nach der vollauf geglückten Rehabilitierung für den 0:0-Fehlstart gegen den punktgleichen Tabellenführer Sparta Prag sofort wieder höhere Ziele. »Wir sollten Erster werden, weil wir dann für die zweite Gruppenphase gesetzt sind und nicht direkt auf große Kracher wie Real Madrid oder Manchester treffen«. Denn Rummenigge traut der Mannschaft nach Moskau Großes zu: »Im Prinzip ist unsere Mannschaft besser geworden als im letzten Jahr«.

Tore zum richtigen Zeitpunkt

In Moskau war das tatsächlich der Fall. Gerade auswärts, wenn der Gegner - wie Spartak - die Initiative ergreift und zum Kontern einlädt, kann der deutsche Meister auch mit einer von »Malochern« geprägten Elf brillieren. Die Tore von Hasan Salihamidzic und Giovane Elber fielen zudem stets »zum richtigen Zeitpunkt«, wie Rummenigge anmerkte. Dagegen hatten die 30 000 Spartak-Fans nur beim Freistoß-Treffer zum 1:2 von Wassili Baranow (64.) Grund zum Jubeln, mussten gleichzeitig aber drei Lattentreffer bedauern.

Bayern-Kollektiv

»Wir müssen mit einem starken Kollektiv spielen«, benannte Trainer Ottmar Hitzfeld das höchste Gebot in einer Zeit ohne die verletzten Offensiv-Strategen Stefan Effenberg und Mehmet Scholl. Darin sieht auch der vermeintliche Tiefstapler Hoeneß die Chance beim Unternehmen Titelverteidigung: »Am Ende werden sich eh die durchsetzen, die die besseren Kämpfer haben und Leute, die bereit sind, sich den Hintern aufzureißen. Und das haben unsere Spieler hier gemacht«.

Erfolgreiche Viererkette

»Wichtig war, dass wir unsere Defensive stabilisieren«, betonte Hitzfeld. Dem Trainer brachte der Abend eine wichtige Erkenntnis. Die Viererkette ist trotz des ersten Gegentores im fünften Spiel zur Serienreife gelangt. »Das war ein Experiment. Es ist aufgegangen. Wir werden auch in den nächsten Spielen 4-4-2 oder 4-4-3 spielen«, sprach Hitzfeld der Abwehr um die Innenverteidiger Samuel Kuffour und Robert Kovac endgültig das Vertrauen aus. Die lähmende Dauer-Diskussion um einen Abwehrchef ist damit (vorläufig) beendet. »Die Kommandos geben Sammy und ich gemeinsam. Wir verstehen uns gut jetzt«, bemerkte der frühere Leverkusener Kovac nach seinem besten Spiel im Bayern-Dress.

Elber in Top-Form

Im überbesetzten Angriff scheint auch in dieser Saison besonderer Verlass auf Elber. Zwei Mal schlug der Torjäger zu. Vor allem der fulminante Distanzschuss zum 2:0 versetzte Franz Beckenbauer in Entzücken. »So ein Tor schießt nur ein Brasilianer«. Elber lächelte nur über das »kaiserliche« Kompliment und wiegelte ab: »Ach, das ist wieder der Franz. So ein Tor kann jeder schießen. Die Hauptsache ist, dass man dabei nicht denkt«.

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