Herr Hembert, Sie halten auf dem Sportbusiness-Kongress Ispo Spobis 2009 in München einen Vortrag zum Thema "Bundesliga - potenzieller Herausforderer der Premier League". Wollen Sie die Deutschen ärgern?
Wieso sollte ich?
Hierzulande glaubt man, die Premier League ist in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung der Bundesliga um Lichtjahre voraus.
Wirtschaftlich, gemessen am Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben, ist die Bundesliga die profitabelste Liga Europas. Im Sponsoring etwa hat sie mit England gleichgezogen.
Die Premier League hat beim Verkauf ihrer TV-Rechte im In- und Ausland insgesamt 2,1 Mrd. Euro eingenommen, die Bundesliga bringt es auf ungefähr ein Drittel dieser Summe.
Ihr Schwachpunkt liegt eindeutig im Verkauf der TV-Rechte, das ist richtig. Aber der Erlös entspricht nicht der Qualität des Fußballs, hier sehe ich große Möglichkeiten, mehr Geld zu generieren. Zum Beispiel beim Sponsoring und bei den Ticketpreisen. Die Attraktivität des Fußballs würde einen vernünftigen Anstieg der Preise rechtfertigen.
Wie geht es weiter?
Imaging. Das fängt an bei der Art der Übertragung. Viele englische Spiele im Stadion können genauso langweilig sein, wie überall. Aber im Fernsehen sieht man das nicht, da wird ein anderes Spiel aufgeführt. In England arbeitet SkyTV sehr eng mit den Klubs zusammen. Da geht es nicht um journalistische Qualitäten. Da geht es um ein Produkt. Bundesliga-Fußball ist nicht langweiliger, mir scheint er in vielen Fällen sogar spannender zu sein.
Was wirft die Bundesliga noch als Qualität in den Wettbewerb um Gunst und Markt?
Ihre Geschichte und ihre Geschichten. So wie die von Hoffenheim. Dritte Liga, zweite Liga, erste Liga, Herbstmeister - so etwas vermag zurzeit keine andere Liga zu erzählen. Was ich sagen will: Die Bundesliga sollte, gerade um die Auslandsvermarktung voranzutreiben, etwas mehr, wie man bei uns sagt, die Vögel um den Baum fliegen lassen.
Das allein wird nicht ausreichen, verloren gegangenen Boden wieder gut zumachen.
Es ist nur ein Detail. Der große Vorteil der Bundesliga ruht in ihrer Wirtschaftlichkeit. Anders ausgedrückt: Sie steht ökonomisch auf den solidesten Füßen. Ihre Stadien beispielsweise sind seit der WM 2006 auf dem neuesten Stand, Logen, VIP-Plätze, Hospitality - in allem ist sie top. Sie ist zudem fest in ihren Regionen verankert und profitiert von der Treue ihrer Sponsoren. Hinzu kommt die höchste Auslastung der Stadien.
Zur Person
Emmanuel Hembert ist Experte fürs Sportbusiness. Als Leiter der Global Sports and Entertainment Practice bei A.T. Kearney (London) referiert der 39-Jährige Franzose heute in München auf dem Sportbusiness-Kongress. Mit 1500 Teilnehmern und 160 Referenten hat sich Ispo Spobis zu Europas größtem Treffen seiner Art entwickelt.
Ohne einen gleichzeitigen Niedergang der Premier League kann die Bundesliga nicht aufholen.
Niedergang ist etwas zu drastisch ausgedrückt, aber beides bedingt einander. Mehre englische Klubs werden in naher Zukunft ihre Besitzer verlieren, andere sind von der Insolvenz bedroht, die Ticketpreise fallen und Sponsoren erweisen sich als zurückhaltend.
In die Bresche springen gerade Ölscheichs aus dem Nahen Osten. So mancher Bundesliga-Klubchef träumt von Petrodollars, sieht sich aber im Wettbewerb mit anderen Ligen durch die 50+1-Regel in seinen Möglichkeiten beschnitten.
Mehr Geld auf dem Markt bedeutet höhere Transferpreise und höhere Gehälter. Das Geld würde schnell verbrennen, denn Gehälter verlassen die Zirkulation. Und dass man dadurch besser Fußball spielt, ist nicht garantiert.
Gibt es einen Königsweg?
Die Ausbildung eigener Talente, von Stars. So wie Manchester United Ende der 90er. Damals bestand das Gerüst der Mannschaft beim Champions-League-Sieg 1999 gegen Bayern München aus Spielern wie Giggs, Scholes, Neville, Irwin, Butt, Beckham. Sie haben die Erfolgsgeschichte der Marke "Manchester United" begründet. Nehmen Sie heute Thierry Henry, Steven Gerrard, Frank Lampard, Didier Drogba, Cesc Fabregas. Sie sind in England erst zu Stars geworden. Weltfußballer Cristiano Ronaldo war 18, als er zu United wechselte.
Die Genannten sind Teil des von Ihnen angesprochenen Problems: zu hohe Gehälter. Welche Wirkung hätte eine Gehaltsobergrenze, wie sie zurzeit innerhalb der Uefa diskutiert wird?
Sie würde den Fußball vor der Gefahr bewahren, irgendwann bankrott zu sein. Gehälter, wie sie zurzeit in England bezahlt werden, gefährden die Klubs wirtschaftlich. Gehälter sind für die Zirkulation verlorenes Geld. Die Profitabilität schwindet. Die Aktienwerte englischer Klubs fallen seit Jahren.