International Neues aus der Süper Lig - Burak Yilmaz-Sonderausgabe

Wer ist Mario Gomez? Burak Yilmaz hat in dieser Saison schon 29 Tore für Trabzonspor erzielt und soll jetzt zum FC Bayern. Sagen türkische Medien. Fener-Präsident Aziz Yildirim freut sich derweil, dass seine mögliche Haftstrafe nur noch 81 Jahre beträgt. Ein ganz normales Wochenende. Neues aus der Süper Lig.

Die drei größten Clubs der Liga konnten einen weiteren Schritt auf das Nahziel Play-Offs machen. Neben der sportlichen Neuerung sorgt aber auch ein Ereignis abseits des Spielfelds für Aufregung.

Match der Woche

Fener jagt Rekord auf Rekord. Im Januar konnten die Kanarienvögel gegen Mersin bereits den 1000. Ligasieg feiern. Gegen Sivasspor knackte Fener gleich zwei weitere Grenzmarken. Aufgrund unrühmlichen Verhaltens im Derby gegen Besiktas wurden männliche Zuschauer gegen Sivasspor ausgeschlossen, was den Gelb-Blauen einen Weltrekord einbrachte. Rund 50.000 Frauen und Kinder waren noch nie Live-Zeugen eines Fußballspiels. Die Kulisse stimmte also schon mal.

Das Geschehen auf dem Rasen stand dem Rekord auf der Tribüne in nichts nach. Nach der frühen Führung durch Emre brachten Sivas’ Kivanc und Rajnoch Fener von der Superlative zurück auf den Boden des Ligaalltags. Mit seinen Toren zehn und elf aber sorgte ausgerechnet Alex, die Gelb-Blaue Identifikationsfigur schlechthin, für einen Steilflug der Kanarienvögel in Richtung nächsten Liga-Rekord, die 3000-Punkte-Marke. Emre war es schließlich, der mit seinem zweiten Treffer den 3001. Ligapunkt klar machte. Soviele Punkte hat noch kein Verein in der Süper-Lig-Geschichte erreicht. Mit elf Punkten Abstand vor dem Tabellenfünften Genclerbirligi kann Fener nun mit den Planungen für die Playoffs beginnen.

Der Spieltag in der Übersicht

In Mersin kam Galatasaray zu einem nie gefährdeten Sieg. Nie gefährdet, weil der zwischenzeitliche Ausgleich durch Erhan Güven den dominierenden Istanbulern lediglich einen Zwischenspurt abverlangte. Selcuk Inan brachte per Strafstoß Cimbom wieder in Führung. Kurz vor Abpfiff beendete Necati Ates schließlich den Torreigen, den er selbst noch im ersten Abschnitt einleitete. Mit 18 Siegen, sechs Punkten Vorsprung vor dem Zweitplatzierten Fener und einer positiven Tordifferenz von 32 Treffern macht es nicht den Anschein, als könne es jemandem gelingen, die Löwen noch einzuholen und den Palast zum Einsturz zu bringen. Galatasaray bedeutet übersetzt Palast des Stadtviertels Galata.

Einen direkten Konkurrenten um die Playoff-Plätze konnte Besiktas auf Abstand halten. Lag man gegen Genclerbirligi zur Halbzeit noch zurück, hat die Portugiesen-Connection des ältesten Sportvereins der Türkei die Begegnung in Eigenregie gedreht. Quaresma, Hugo Almeida und Manuel Fernandes schickten die Haupstädter mit leeren Händen und sechs Punkten Abstand zurück auf die Reise nach Ankara.   

Das Tor-Phänomen Burak Yilmaz konnte in Kayseri mit seinem 28. und 29. Treffer eine Niederlage für Trabzonspor gerade noch abwenden. Die späten Treffer des 26-Jährigen wahrten dem bislang besten Rückrundenteam einen Drei-Punkte-Abstand zum fünften Tabellenplatz. Das Minimalziel, das Erreichen der Play-Offs zur Meisterschaft, bleibt trotz des Remis also in greifbarer Nähe, und die Heimpleite in der Europa League gegen PSV Eindhoven (1:3) konnte etwas abgemildert werden.

Mann der Woche

Burak Yilmaz? 29 Treffer? Ja, Sie haben richtig gelesen. Vom Spielertyp her der Goalgetter am ehesten mit Mario Gomez zu vergleichen. Technisch sicherlich kein Virtuose, dafür aber körperlich robust und mit einem wundersamen Torriecher braucht der 188 cm große Yilmaz nicht viele Möglichkeiten. Alle 74 Minuten traf Yilmaz und hatte außerdem noch die Zeit, fünfmal für seine Teamkollegen aufzulegen. War der laut Transfermarkt.de zehn Millionen Euro teure Stürmer in der Vorsaison mit 19 Treffern hinter Feners Alex noch Zweiter der Torschützenliste, steht er nun uneinholbar an der Spitze.

Seine Qualitäten als Stürmer wurden übrigens erst spät erkannt. Erst der ehemalige türkische Nationaltrainer Guus Hiddink setzte den gelernten Außenbahnspieler 2010 in vorderster Front ein und bewies dadurch einmal mehr seinen Fußballsachverstand. Seitdem ist Yilmaz sowohl bei Trabzonspor als auch in der Nationalmannschaft als Stoßstürmer eine feste Größe.

Gerücht der Woche

Burak Yilmaz wechselt zu den Bayern! Zumindest dann, wenn die türkischen Medien keinen „Schmarrn“ erzählen. Laut seinem Berater sind aber auch Atlético und Ajax nicht abgeneigt und sollen ihre Fühler schon einmal ausgestreckt haben. Angeblich besitzt Yilmaz eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag, die es ihm ermögliche, für festgeschriebene fünf Millionen Euro Ablöse ins Ausland zu wechseln.

Unstrittig ist es, dass die Bayern auf der Suche nach einem Backup für Gomez sind, um den abwanderungswilligen Ivica Olic zu ersetzen. „Unser größtes Problem ist doch: Was machen wir, wenn sich Mario Gomez verletzt?“, fragte Uli Hoeneß noch kürzlich in der Süddeutschen und schob hinterher: „Da werden wir eine richtige Bombe brauchen, einen der immer spielen kann, in Barcelona oder in Manchester.“

Ob Yilmaz tatsächlich den bayrischen Ansprüchen genügt, darf bezweifelt werden, schließlich scheiterte er zuvor schon bei den Istanbuler Topclubs Besiktas und Fenerbahce. Wenn es aber nach Yilmaz selbst geht, ist das Interesse noch nicht hochkarätig genug. „Wenn Sie mich fragen, für welchen Klub ich spielen wolle, dann würde ich sagen: Arsenal“, erklärte er sich in der TRT-Sportsendung Stadyum.

Aufreger der Woche

„Wir sind im Recht - wir werden siegen“, skandierten letzte Woche hunderte Fener-Fans. Ein ungewöhnlicher Schlachtruf, glauben Sie? Sie haben Recht, diese Worte wählten einige der Anhängerschaft des Rekordmeisters nicht etwa in Fenerbahces Sükrü-Saracoglu-Stadion, sondern vor dem Gerichts- und Gefängniskomplex der Stadt Silivri westlich von Istanbul. Letzte Woche hat der Prozess zum größten Fußball-Skandal der Türkei begonnen. Insgesamt 93 Trainer, Spieler, aber auch Vereinsfunktionäre müssen sich wegen angeblicher Spielmanipulation verantworten. 

Unter den Verdächtigen befindet sich auch Fener-Präsident Aziz Yildirim, der von der oben erwähnten gelb-blau-gekleideten Fan-Gruppe lautstarke Unterstützung erhielt. Mit dem einen oder anderen prall gefüllten Umschlag soll der 59-Jährige den Titel seines Teams erstanden haben.

Die Verlesung der 401 Seiten langen Anklageschrift nahm einige Tage in Anspruch, immerhin konnten drei professionelle Sprecher des Staatsfernsehens TRT dafür angeworben werden. Rechtzeitig vor Beginn des Prozesses verabschiedete das türkische Parlament ein Gesetz, was das Strafmaß bei derart gelagerten Verbrechen drastisch senkt. So sind aus den aus maximal möglichen 156 Jahren Haft über Nacht nur noch 81 Jahre geworden, die Yildirim bei einer Verurteilung wohlgemerkt aller Anklagepunkte bevorstünden. Manch einer will als Motivation den Kampf um Wählerstimmen erkannt haben. Urteilen Sie selbst.

Über den Fortgang, spätestens aber über den Ausgang des Prozesses, in dem nicht weniger als die Erstklassigkeit des beliebtesten Clubs der Türkei auf dem Spiel steht, werden wir Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden halten.

Frage der Woche an Emre, den Fener-Fan

sportal.de: Wir kennen dich als enthusiastischen Fan der Kanarienvögel, der nichts auf Fener kommen lässt und mit den Gelb-Blauen durch jede Krise gegangen ist. Mit welchen Gefühlen verfolgst du die Posse um euren Präsidenten Aziz Yildirim? Oder lässt dich der Wirbel um den Skandal völlig kalt?

Emre, der Fener-Fan: „Nein, kalt lässt mich das Thema überhaupt nicht. Aber man darf auch nicht alles glauben, was in der Presse steht. Was unseren Gegnern auf dem Rasen nicht gelingt, versucht nun die Politik. Aber auch auf dieser Bühne wird man uns keine Niederlage beibringen. Ich kann nur sagen, dass wir auch aus diesem Kapitel gestärkt hervorgehen werden. Ich stehe nach wie vor ganz hinter dem Verein und dem Team. Einmal Fener, immer Fener!“

Serkan Agci und Bülent Yaman

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