Das Interview mit BVB-Manager Michael Meier führten die stern-Redakteure Giuseppe Di Grazia und Johannes Röhrig
Entschuldigen Sie, Herr Meier, dass wir tagsüber zum Interview kommen. Abends hätten Sie sich dank Nachtzuschlag wieder ein paar Euro an Steuern sparen können.
Ich profitiere von dieser Regelung nicht. Zuschläge für Sonntags- und Nachtarbeit zahlen wir nur für den Spielerkader, nicht für Vorstände.
Damit Ihre Millionarios am Monatsende ein bisschen mehr in der Lohntüte haben?
Hören Sie doch auf. Eine Diskussion auf diesem Niveau schürt nur den Sozialneid. Weniger Emotionen täten der Sache gut.
Für Ihre Steuerpraxis sind Sie parteiübergreifend kritisiert worden. Jetzt wird wegen der Borussia sogar das Steuerrecht geändert.
Wenn schon eine Gesetzesänderung, dann sollten die Steuerbegünstigungen generell abgeschafft werden. Heute ist es so: Die steuerfreien Zuschläge gelten für jeden Steuerpflichtigen - unabhängig vom Einkommen. Uns nun Unmoral vorzuwerfen ist schlicht eine Sauerei und trifft mich persönlich. Ist es auch unmoralisch, wenn Reiche Kindergeld annehmen? Oder Kilometergeld absetzen?
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber, der beim Konkurrenten FC Bayern im Beirat sitzt, wirft Ihnen "Missbrauch einer Regelung" vor.
Stoibers Äußerungen sind populistisch. Darüber hinaus wird der Eindruck erweckt, wir würden anderen Leuten aus dem Sozialtopf etwas wegnehmen. Das ist unfair.
Sie haben offenbar jedes Feingefühl verloren. Ihre VIP-Lounges im Stadion heißen extra "Stammtische", um das Arbeiterimage des Clubs zu pflegen. Wie wollen Sie den ohnehin enttäuschten Borussia-Fans erklären, dass Großverdienern wie Amoroso und Rosicky steuerfreie Zuschläge zustehen?
Wir besitzen sehr wohl Bodenhaftung. Vor der Diskussion haben wir keine Angst. Ich persönlich stelle mich gerne auf den Marktplatz und streite für unsere Position - auch mit Politikern. Noch mal: Wir hinterziehen keine Steuern. Bei uns flüchtet keiner ins Ausland. Wir überweisen dem Finanzamt 30 Millionen Euro im Jahr an Einkommenssteuer. Hier werden Menschen diskreditiert, die sich korrekt verhalten.
Wann sind Sie denn auf den Trick mit den steuerfreien Zuschlägen gekommen?
Tricks - wieso Tricks? Das ist Gesetz. Steuerfreie Zuschläge sind in anderen Sportarten längst etabliert.
Im Fußball steht die Borussia damit allein. Seit wann zahlt der BVB diese Zuschläge?
Dass der BVB mit dieser Praxis alleine dasteht, bezweifle ich. Wir zahlen die Zuschläge seit Jahresbeginn.
Um welche Summe geht es im Jahr?
Es geht um eine Reduzierung von drei bis fünf Prozent unserer Einkommenssteuer.
Also um etwa 1,5 Millionen Euro. Die Spieler haben einen sicheren Gehaltsbestandteil für Sonntags- und Abendzuschläge aufgegeben. Profitiert davon auch der BVB?
Sowohl der BVB als auch der Spieler.
Aber das Gesetz will Arbeitnehmer begünstigen, nicht Arbeitgeber. Einige Steuerexperten bezweifeln, ob die Praxis der Borussia überhaupt legal ist.
Wir haben dies von der Finanzbehörde prüfen lassen. Die hatte keine Einwände. Darauf müssen wir uns verlassen können.
Wie schlecht geht es dem BVB finanziell, dass er sich für Einsparungen von 1,5 Millionen Euro einen solchen Ärger aufhalst?
Dieses Steuermodell hat mit finanziellen Engpässen nichts zu tun. Wir würden hier einen schlechten Job machen, wenn wir die Steuervorteile nicht nutzten.
Dortmund hat die Champions League verpasst, in der der BVB vorige Saison 34 Millionen Euro einnahm. Diese Summe fehlt jetzt und kann auch durch steigende Ticketerlöse nicht ausgeglichen werden. Gleichzeitig hat der Konzern Kosten von fast 120 Millionen. Wenn nichts passiert, schreiben Sie diese Saison rote Zahlen.
Die Gefahr besteht. Deswegen haben wir ein Programm zur Kostenreduzierung aufgelegt. Selbst wenn wir ins Finale des Uefa-Cups kommen, bringt das vielleicht acht bis zehn Millionen Euro an TV-Einnahmen.
Also 24 Millionen weniger - diese Summe ist höher, als bisher bekannt war.
Deswegen senken wir ja jetzt auch die Personalkosten. Wir verteilen das finanzielle Risiko neu.
Sie kürzen die Spielergehälter.
Die Gehälter werden nun pauschal um 20 Prozent verringert. Das hat jeder Spieler akzeptiert. Die eingesparte Summe wird ja als Erfolgsprämie wieder ausgeschüttet, wenn die Saisonziele erreicht werden. Wir können es uns nicht leisten, zwei Jahre hintereinander mit dieser Mannschaft die Champions League zu verpassen. Der BVB hat auswärts in diesem Jahr noch kein Spiel gewonnen. Das ist zu wenig.
Ihr Sparkurs dürfte bei den Spielern für Frust sorgen.
Im Gegenteil, das schweißt die Mannschaft enger zusammen. Die Spieler müssen sich das Geld jetzt gemeinsam auf dem Platz zurückholen.