Interview mit Rudi Völler "Ab jetzt zählt nur noch Lettland"

So sehr Deutschland eine EM-Pleite fürchtete, so überschwänglich war die Freude über das tolle 1:1 gegen die Holländer. Rudi Völler ist zufrieden mit seinen Jungs, warnt aber nachdrücklich vor Übermut.

Wie fällt Ihre Bewertung des EM-Auftakts mit dem Abstand einer Nacht aus?

Völler: "Nach der ersten Enttäuschung, die doch da ist, wenn man den Sieg ein bisschen vor Augen hat, ist man zuversichtlich für das nächste Spiel. Wir haben über weite Strecken eine gute Partie geliefert. Aber das ist Vergangenheit. Ab jetzt zählt nur noch Lettland. Die Letten haben es sehr gut gemacht gegen die Tschechen, da werden wir mit der gleichen Einstellung und Laufbereitschaft ins Spiel gehen müssen, um sie zu schlagen."

Seit Wochen hatten Sie sich nur mit Holland beschäftigt, wie wollen Sie jetzt den Schalter schnell in Richtung Lettland umlegen?

Völler: "Gerade weil wir die Letten nicht so gut kennen, werden wir die Vorbereitung etwas anders machen. Wir haben Videomaterial aus ihrem Spiel gegen die Türkei. Wir werden uns einige Dinge anschauen, bei denen wir aufpassen müssen. Wichtig wird aber wieder sein, dass jeder unserer Spieler seine Qualitäten abruft wie gegen Holland."

Wurde mit dem 1:1 der Teamgeist der WM 2002 wieder geboren?

Völler: "Den haben wir eigentlich immer, auch wenn wir das vielleicht in dem einen oder anderen Spiel in den letzten zwei Jahren nicht so rübergebracht haben. Das ist bei uns oberste Priorität."

Nur wenige Leute hatten an ein so gutes Spiel Ihrer Mannschaft geglaubt. Ist das jetzt auch eine Genugtuung?

Völler: "Nein, das war keine Genugtuung. Es ist das passiert, woran ich immer geglaubt habe. Weil wir alle wussten, dass wir diese Qualitäten haben. Wir dürfen nur eins jetzt nicht machen, uns darauf auszuruhen und denken, dass es jetzt von alleine so weiter geht."

Wie soll da entgegen gewirkt werden?

Völler: "Dafür bin ich da, um dem etwas entgegen zu wirken. Das ist die große Gefahr, wenn man jetzt so gelobt wird. Wir müssen auch in den nächsten Tagen ganz konzentriert arbeiten. Wir dürfen jetzt nicht denken, dass wir schon etwas Tolles geleistet haben. Man darf nicht vergessen bei aller Euphorie, die auf Grund der ersten Halbzeit sein darf, wir haben nicht gewonnen, wir haben unentschieden gespielt. Wir können weiter vom Viertelfinale träumen. Wir sind weiter gut im Rennen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger."

DPA
Interview: Jens Mende, dpa

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