Zu gerne hätte Bernd Schuster an seiner möglicherweise künftigen Arbeitsstätte mit dem FC Getafe den spanischen Fußball-Pokal gewonnen. Doch der FC Sevilla machte dem deutschen Trainer im Bernabéu-Stadion einen Strich durch die Rechnung und gewann das Finale gegen den Madrider Vorstadtclub mit 1:0 (1:0). Für den 47-jährigen Schuster könnte auf die Niederlage der größte Erfolg in seiner Trainerkarriere folgen: Der mögliche Wechsel zum spanischen Meister Real Madrid.
"Bei Real beginnt nun die Ära Schuster", titelte das Sportblatt "Marca" am Sonntag. "Eine Einigung der Madrilenen mit dem Coach könnte eine Frage von Stunden sein." Der Trainer selbst wollte sich nach dem Finale nicht über seine Zukunft äußern. Er haderte vielmehr mit dem Schiedsrichter, dem er vorwarf, seinem Team im Endspiel vor der Pause einen Elfmeter versagt zu haben: "Alle im Stadion haben das Foul im Strafraum gesehen, nur der Unparteiische nicht."
Der FC Sevilla beendete die erfolgreichste Saison seiner 102- jährigen Vereinsgeschichte so wie er sie begonnen hatte: Mit einem Titelgewinn. Zum Auftakt der Spielzeit hatten die Andalusier den europäischen Supercup (gegen den FC Barcelona) gewonnen, im Mai folgte der UEFA-Cup-Sieg (gegen Espanyol Barcelona) und nun die spanische Copa del Rey (Königspokal).
Das "goldene Tor" erzielte Frédéric Kanouté bereits in der 10. Minute nach einem schweren Abwehrfehler des FC Getafe. Der Matchwinner aus Mali wurde in der 88. Minute wegen Nachtretens vom Platz gestellt. Beide Teams führten das Finale mit unerbittlicher Härte. Es gab Fouls und Nickligkeiten im Minutentakt, aber fast keine Torchancen. "Wir haben unsere einzige Chance genutzt, der FC Getafe tat dies nicht", brachte Sevillas Erfolgstrainer Juande Ramos den Unterschied zwischen beiden Teams auf einen Nenner.
Die Ironie des Schicksal wollte es, dass Schuster in seiner möglicherweise künftigen Heimstätte nicht auf der Bank des Gastgebers Real Madrid Platz nahm, sondern auf der der Gästeelf. Real will sich nun, nachdem die Saison mit dem Pokalfinale offiziell beendet ist, in der Trainerfrage entscheiden. Dazu wurde für Montag eine Vorstandssitzung einberufen. Der noch amtierende Coach Fabio Capello verabschiedete sich in den Urlaub nach Tibet, ohne zu wissen, ob er in der kommenden Saison noch für die "Königlichen" arbeiten wird.
Die Real-Profis und die Fans sind mehrheitlich dafür, dass der Italiener im Amt bleibt. Nach Presseberichten sind auch einzelne Vorstandsmitglieder dagegen, den Trainer zu entlassen, der Real soeben zur 30. Meisterschaft geführt hat. Vereinspräsident Ramón Calderón soll jedoch mit Schuster einen Vorvertrag geschlossen haben. Der Clubchef war in den letzten Tagen auf Tauchstation gegangen. Anscheinend will er, so wird in Madrid gemutmaßt, nicht als derjenige dastehen, der einen erfolgreichen Trainer vor die Tür setzt.
Entscheidet Real sich für Schuster, wäre Capello bereits der dritte Coach, den die Madrilenen nach einem Titelgewinn durch die Hintertür verabschieden. Jupp Heynckes war 1998 nach dem Champions- League-Sieg entlassen worden und Vicente del Bosque 2003 nach dem Gewinn der Meisterschaft. "Kein anderer Club der Welt bringt es fertig, in weniger als zehn Jahren drei Meistertrainer hinauszuwerfen", schrieb "Marca".