"Schnellinger!! - Nein, nein, ausgerechnet Schnellinger, werden die Italiener jetzt sagen!" TV-Kommentator Ernst Huberty war völlig außer dem Häuschen, an jenem 17. Juni 1970, als Italien-Legionär "Carlo" Schnellinger die Deutschen mit seinem 1:1-Ausgleich in letzter Sekunde im WM- Halbfinale gegen Italien in die Verlängerung schoss. Im Glutofen von Mexiko-City. Nach nur acht Minuten hatte Roberto Boninsegna das 0:1 geschossen und Beckenbauer, Müller, Seeler und Co. in Zugzwang gebracht.
Fußball-Legende
Was dann in der Verlängerung geschah, machte aus einer packenden Partie eine Fußball-Legende, ein "Jahrhundertspiel", einen einzigartiger Thriller mit einer schier unglaublichen Dramturgie, an das im Aztekenstadion von Mexiko-City heute noch eine Gedenktafel erinnert. In der halben Stunde fielen unglaubliche fünf Tore. Am Ende war Deutschland mit 3:4 geschlagen.
Hitzeschlacht
Beinahe wie in Trance hatten die Spieler bei Temperaturen von bis zu 50 Grad in dem riesigen Stadionkessel in der Extra-Spielzeit immer wieder den Weg zum gegnerischen Tor gesucht. Gerd Müller gelang in der 93. Minute mit einem seiner unnachahmlichen Treffer das 2:1 und dann noch einmal der 3:3-Ausgleich (110.), ehe Gianni Rivera in der 111. Minute den Schlusspunkt unter das Drama setzte.
"Das war mein sechster Sinn. Wegen der Erschöpfung sah ich alles nur noch Weiß. Ich sah, wie sich Maier bewegte, aber dabei stand er noch. Ich dachte, ich werde ohnmächtig vor Müdigkeit, aber dabei war es nur die Umarmung von Riva", erinnert sich der Torschütze. "Wenn Rivera dieses Tor nicht gemacht hätte, wäre er heute noch im Aztekenstadion", glaubt "Gigi" Riva, der Italien in der 104. Minute 3:2 in Front gebracht hatte. Zum 2:2 hatte Tarcisio Burgnich (99.) nach einem schweren Abwehrfehler von "Sigi" Held getroffen.
Zwölf Jahre später trafen im Endspiel einer WM wieder Italien und Deutschland aufeinander. Allerdings trafen damals nicht - wie 1970 - zwei gleich gute Mannschaften aufeinander. Italien war klarer Favorit, hatte bis dahin bereits Argentinien und Brasilien aus dem Turnier geworfen. Die "Azzuri" um Superstar Paolo Rossi siegten damals hochverdient gegen eine deutsche Mannschaft, die sich nach dem "Skandalspiel" von Gijon wieder eher so ins Finale durchgewurschtelt hatte.
Auch sonst spricht die historische Bilanz eindeutig für die Italiener: Bei großen internationalen Turnieren ist das DFB-Team gegen Italien noch sieglos. Weder in den vier bisherigen WM-Duellen noch in den zwei späteren EM-Vergleichen gelang der Auswahl des DFB ein Erfolg.