Der 22 Jahre alte Federgewichtler aus Velbert will seine Amateur- Laufbahn am Samstag mit olympischem Gold krönen. "Dazu bin ich hergekommen. Das ist mein großes Ziel. Aber soweit ist es noch nicht. Momentan denke ich nur von Kampf zu Kampf", beschrieb der nur 1,66 Meter große und 57 Kilo schwere Sportsoldat sein Konzept vor dem Halbfinale am Freitag gegen Song Guk Kim (Nordkorea).
Tajberts Einstellung zeugt von Zielstrebigkeit. Und die war es neben seiner außergewöhnlichen boxerischen Begabung, die ihn bis in die Weltspitze geführt hat. Geboren im kasachischen Michailowka, aufgewachsen in Stuttgart, fand er schon mit zwölf Jahren den Weg in die Boxhalle. "Kann ich hier richtig boxen lernen?", fragte er Conny Mittermaier. Der frühere Profi bejahte und erkannte schnell, was für einen Roh-Diamanten er "schleifen" durfte. "Mir war sofort klar: Das ist ein Naturtalent", schwärmte Tajberts erster Trainer.
Der flinke Floh
Die ersten Erfolge ließen nicht auf sich warten. Nach nur neun Kämpfen war der "flinke Floh" von Germania Stuttgart 1996 deutscher Jugend-Meister im Papiergewicht und überdies bester Kämpfer des Championats. Auf internationalem Parkett folgten Bronze 1999 bei der Junioren-EM und schließlich der WM-Titel bei den Junioren im Jahr 2000. "Wenn Vitali weiter so konzentriert an sich arbeitet, die Stärken in der Offensive ausbaut und die Schwächen in der Deckung abstellt, kann aus ihm ein ganz Großer werden", hatte Chef- Bundestrainer Helmut Ranze (Worms) schon damals erkannt.
Ranze behielt Recht. Die WM 2001 in Belfast gehörte noch in die Kategorie Lehrjahr. Zwei Jahre später führte Tajbert unter den Augen von Mittermaier und Vater Paul, die praktisch bei allen Auftritten ihres Zöglings dabei sind, die Weltelite bei den Weltmeisterschaften in Bangkok vor. Alle rechneten mit Gold, und es wurde doch "nur" Silber. Tajbert habe sich im Finale zu sicher gefühlt und den Titel unkonzentriert verschenkt, haderte das Umfeld damals.
Bei Gold winkt der Profivertrag
Diese Kritik will sich der gelernte Drucker, der für den Velberter BC 22 startet, in der griechischen Metropole nicht noch einmal anhören müssen. Deshalb hat sich der ansonsten sehr umgängliche und aufgeschlossene Familienmensch zurückgenommen, schottet sich fast ab.
Aber das Ziel heiligt die Mittel und bringt zudem auch etwas ein. Für Bronze gibt es kleines Geld, für Gold die große "Kohle" und einen lukrativen Profi-Vertrag. Tajberts Wechsel zur Universum-Promotion ist wohl nur noch Formsache, obwohl die Hamburger sich eigentlich mehr zu den schweren Jungs hingezogen fühlen. Geschäftsführer Peter Hanraths weiß ganz genau, warum er eine Ausnahme machen würde: "Vitali kann einmal der Naseem Hamed von Deutschland werden."
Von Gert Glaner/DPA