America's Cup Der große Feigling

Von Roberto Lalli delle Malebranche, Valencia
Sensation beim Louis Vuitton Cup vor Valencia: Larry Ellisons favorisiertes Team BMW Oracle ist ausgeschieden und hat keine Chance mehr auf den Gewinn des America's Cup. Noch vor dem letzten Rennen verbannte der exzentrische Milliardär Ellison seinen Skipper Chris Dickson von Bord - und fiel ihm damit böse in den Rücken.

Als das Rennen zu Ende und die USA 98 samt Besatzung wieder in die Base schleicht, möchten die meisten Männer von BMW Oracle alleine sein und ihre Enttäuschung und Traurigkeit mit sich selbst ausmachen. Manche weinen, andere rufen ihre Angehörigen an oder besprechen das letzte Rennen mit ihren Kollegen. Nur einer von ihnen muss an diesem Sonntagabend noch einen schweren Gang antreten, einer, der bei der letzten Regatta und bei der letzten Niederlage des Teams gegen Luna Rossa (Endstand 1:5) nicht dabei war: Chris Dickson. Ausgerechnet der Neuseeländer, der am selben Morgen von Eigner Larry Ellison gedemütigt und am Steuerrad kurzfristig durch Sten Mohr ersetzt worden ist, muss in die Pressekonferenz.

Er trägt ein weißes Hemd und lange Hosen und als einziger Teamabgesandter keine Segelkluft. Er sitzt einfach nur da, trotzig, traurig, manchmal den Tränen nahe, dann wieder hart und stolz, etwa als man ihn fragt, ob er die Niederlage persönlich nimmt. Die Frage ist berechtigt den Chris Dickson ist oder war bei BMW-Oracle nicht nur der Teamchef, sondern auch Skipper und Steuermann. Er war es, der gegen James Spithill von Luna Rossa keinen einzigen Start gewonnen hat, und er war es, der beim Match Race am Vortag in nur zehn Sekunden zwei Strafen kassierte und den Italienern damit den vierten Sieg im fünften Rennen schenkte. Eine Vorentscheidung.

Der Absturz des Ikarus

Chris Dickson ist hoch gestiegen und tief gefallen. Noch vor ein paar Tagen wirkte er selbstsicher, siegessicher, zuweilen arrogant. Der schmächtige Machtmensch galt als die rechte Hand von Softwarekönig Ellison und als der eigentliche Chef von BMW Oracle Racing. Bis es ans Verlieren ging und Ellison ihm plötzlich und wahrscheinlich definitiv das Vertrauen entzog. "Ich werde irgendwann, wenn das hier endgültig vorbei ist, mit meiner Familie nach Neuseeland zurückfahren, und auf dem Weg machen wir sicher noch in Disneyland halt", sagt Dickson, aber er lächelt nicht, er lächelt an diesem bittersten Abend seines Lebens nicht ein einziges Mal. Er muss den Journalisten Rede und Antwort stehen, er kann nicht weglaufen, obgleich man ihm ansieht, dass er das gerne würde, aber er kann, wenn auch nur versteckt, zurückschlagen und er tut es. Dickson nutzt seinen Auftritt und stellt klar, dass Ellison ihn degradiert hat und er nicht freiwillig von Bord gegangen ist. "Es war seine Entscheidung“, sagt er stolz, und es hört sich so an, als sei hier das zu Ende gegangen, was zumindest Dickson für eine echte Freundschaft und nicht nur für einen gut bezahlten Job hielt.

Desafio Espanol bleibt dran

Draußen vor dem Hafen treibt Larry Ellisons Superyacht in der Abendbrise und Match Race Tourist Ellison ist längst wieder an Bord. Journalisten haben dort keinen Zutritt, niemand weiß, was der zigfache Selfmade-Milliardär und selbsternannte Americas’s Cup-Favorit gedacht hat, als Luna Rossa ihn, Sten Mohr und die anderen geschlagen und die Ziellinie mit 33 Sekunden Vorsprung gekreuzt hat. Was Chris Dickson fühlt, wissen wir, denn wir haben es gesehen. Was Larry Ellison fühlen mag, wollen wir nicht wissen. Das andere Halbfinale im Louis Vuitton Cup ist übrigens noch nicht entschieden: Nachdem die Spanier von Desafio Español die Kiwis mit einem Delta von nur 15 Sekunden geschlagen haben, steht es im Best of Five-Race zwischen Emirates Team New Zealand und Desafio Español jetzt 4 zu 2. Am Dienstag gehen die Rennen weiter.

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