Seit dieser Saison geht das Weltklasseteam von ehemals BM Ciudad Real als BM Atlético Madrid an den Start. Finanzielle Schwierigkeiten machten den Umzug aus der Kleinstadt in die Metropole nötig.
Weltklasse im Sport, aber finanziell gescheitert
Obwohl Ciudad Real innerhalb weniger Jahre den Aufstieg zu einem Weltklasseteam schaffte, war das Projekt Ende der vergangenen Saison finanziell gescheitert. Trotz der großen Erfolge war es dem Club nicht möglich gewesen, genügend Sponsoren zu finden, um den Verbleib in der Kleinstadt in der Nähe von Madrid zu ermöglichen.
"Wir sehen, dass dieses Projekt in dieser Stadt nicht fortbestehen kann", erklärte so Präsident Domingo Diaz de Mera Ende Juni laut handball-world.com. Wenn es gut lief, habe der Club 800.000 Euro in einer Saison eingenommen - bei einem Etat von etwa acht Millionen Euro. "Davon kamen 800.000 Euro von der Stadt, 300.000 von der Region, eine Million vom Vorstand und 4,3 Millionen von mir", so Diaz de Mera.
Der Milliardär finanzierte das Team jahrelang aus seinem privaten Vermögen, war aber im Zuge der Wirtschaftskrise nicht mehr bereit, die Belastung mehr oder weniger alleine zu tragen. Das Projekt "Club 50", in dem zahlreiche kleine und mittelgroße Sponsoren das Team unterstützen anstatt eines großen, war geradezu kläglich gescheitert: nicht ein einziges Unternehmen aus Ciudad Real hatte sich dafür interessiert.
Erfolgshandball in der Kleinstadt
Dabei hatte der Handball die Kleinstadt von knapp 75.000 Einwohnern erst europaweit bekannt gemacht. Fünf Meistertitel (2004 und 2007 bis 2010), drei Pokalsiege (2003, 2008 und 2011) sowie drei Triumphe in der Champions League (2006, 2008 und 2009) machten den Club sogar zur zwischenzeitlichen Nummer eins in Spanien, noch vor dem FC Barcelona.
Doch all diese Erfolge führten nicht dazu, dass der Club die nötige finanzielle Unterstützung erhielt, obwohl das Publikum in Ciudad Real als handballverrückt gilt, doch selbst die Anzahl der Dauerkartenbesitzer ging zuletzt immer weiter zurück.
So war der Umzug nach Madrid beinahe eine zwangsläufige Entscheidung, fehlte dort doch ein Handball-Spitzenteam. "Wir haben nur Angebote zur Unterstützung aus Madrid erhalten. Aus Ciudad Real kam nur persönliche Kritik", begründete Diaz de Mera den Umzug.
Handball bei Atlético war lange eine Erfolgsgeschichte
Dabei suchte man sich aber nicht irgendeinen Namen aus, sondern einen der traditionsreichsten Clubs des spanischen Handballs, der vor 17 Jahren von der Bildfläche verschwand, bis zu diesem Zeitpunkt aber der ewige Rivale des FC Barcelona gewesen war.
1952 Hatte Atlético die erstmals ausgetragene spanische Hallenhandball-Meisterschaft gewonnen. Bis 1985 folgten weitere zehn Meistertitel. Zwischen 1962 und 1987 gewann das Team zehnmal den Pokal. 1985 stand das Team sogar im Finale des Landesmeistercups, unterlag aber der beinahe schon mystischen Mannschaft von Metaloplastika.
Das Ende für die Handballabteilung bei Atlético kam mit der Übernahme der Club-Präsidentschaft durch Jesus Gil y Gil. Der exzentrische Unternehmer hielt nicht viel vom Handball und löste so 1992 die Abteilung auf. Das Team versuchte noch zwei Jahre mit der Unterstützung einiger Sponsoren selbständig weiterzumachen, doch letztendlich kam das Ende 1994 und Atlético verschwand von der Handball-Landkarte.
Atlético übernimmt zunächst die Schirmherrschaft
Nach der Rückkehr nach Madrid wurde das Team aber zunächst nicht in den Stammverein eingegliedert, sondern Atlético nahm das Projekt mit dem Namen Sociedad Balonmano Neptuno für ein Jahr unter seine Schirmherrschaft. In dieser Zeit soll geschaut werden, ob Handball bei den Fans der Rojiblancos, die mit Rabatten und Vergünstigungen gelockt werden, Karten zu kaufen, ankommt.
Wenn diese Phase positiv abgeschlossen wird, soll das Team in den Hauptverein integriert werden. In den rot-weiß gestreiften Trikots mit blauen Hosen Atléticos tritt das Team aber bereits an. Gespielt wird im 14.000 Zuschauer fassenden Palacio Vistalegre. In die Quijote Arena in Ciudad Real hatten nur 5860 Zuschauer gepasst.
Letztendlich ist die Zukunft des Teams dadurch immer noch etwas unsicher, aber ohne die HIlfe Atléticos wäre die Mannschaft dem Ende geweiht gewesen und hätte nicht mehr in der spanischen Meisterschaft antreten können. Was das abrupte Ende für eines der weltbesten Handballteams bedeutet hätte.
Handball in Madrid kommt beim Publikum an
Und der Neuanfang in Madrid begann sportlich äußerst erfolgreich: Im Supercup wurde der FC Barcelona mit 33:26 aus der Halle gefegt und der erste Titel dem neuen Trophäenschrank hinzugefügt. Das Spiel in der neuen Atlético-Heimstatt in Madrid sahen 11.963 Zuschauer, was eine neue Rekordkulisse im spanischen Handball bedeutete. Das Team hat auch die Fans in Madrid im Sturm erobert.
Für einen Spieler bedeutet der Ortwechsel nach Madrid eine ganz besondere Rückkehr: Torwart-Legende José Javier Hombrados begann seine Erstligakarriere 1990 bei Atlético Madrid, wo er 1991 ins Pokalfinale einzog. 21 Jahre später schließt sich nun also für den 39-jährigen Ausnahmetorwart der Kreis.
Henning Schulz