Stefan Bradl steht kurz davor, als erster deutscher Motorrad-Pilot seit 18 Jahren den WM-Titel zu gewinnen. Der 21-Jährige hat in der Moto2-Klasse 23 Punkte Vorsprung auf Marc Marquez und kann in Valencia nun den Triumph perfekt machen - möglicherweise sogar kampflos. Vor 20 Jahren hatte sein Vater den zweiten Rang in der Viertelliter-Klasse geholt.
In der Saison 1991 entschied der Italiener Luca Cadalora die ersten drei WM-Läufe in der Klasse bis 250ccm für sich, bevor Bradl auf seiner Honda in Spanien den ersten Saisonerfolg sichern konnte. Es sollten noch vier weitere Siege folgen, doch sein Markenkollege gewann acht der übrigen 15 Läufe und holte sich so den Titel in der Gesamtwertung.
"Ich habe immer gesagt: Ich will einen Platz besser werden als mein Papa, hatte nun Sprössling Stefan Bradl auf sportschau.de erklärt und die Chancen stehen gut, dass der Pilot des deutschen Teams Viessmann Kiefer Racing dieser Ankündigung auch Taten folgen lassen wird. Denn schon beim vorletzten Saisonlauf in Malaysia hatte der 21-Jährige eine Hand am Pokal.
Vertagte Entscheidung in Malaysia
Sein Triumph wurde jedoch ob eines Sturzes des Spaniers Alex Pinto verhindert. Denn so unterbrach die Rennleitung den WM-Lauf und der Schweizer Tom Lüthi, der in jener vorletzten Runde auf Platz eins gelegen hatte, wurde zum Sieger des Rennens erklärt. "Durch den Abbruch wurde die Runde davor gewertet, in der ich ihn vorbei gelassen hatte, um seine Linie zu studieren, dass dann der Abbruch kam, konnte niemand wissen", erklärte Bradl auf motorsport-magazin.com.
Nun hat Bradl 23 Punkte Vorsprung auf Marc Marquez, der in Malaysia wegen einer Gehirnerschütterung zum Zusehen verdonnert wurde. "Ich glaube ich hätte es verdient gehabt heute Weltmeister zu werden, aber es hat nicht sollen sein", so Bradl weiter, der aber natürlich um seine gute Ausgangsposition weiß wie auch Marquez.
"In der Meisterschaft sind wir noch dabei, aber die Chancen sind sehr gering, denn 23 Punkte sind richtig viel, erklärte der Spanier, der das letzte Rennen in Valencia nun unbedingt gewinnen und zudem auf eine schlechte Platzierung seines Konkurrenten hoffen muss. Denn sollte Bradl noch Platz 13 erreichen, würden die dort zu vergebenen drei Zähler zum Titel reichen.
Darf Marquez überhaupt starten?
Allerdings steht derzeit überhaupt noch nicht fest, ob Marquez überhaupt starten darf. Denn die Gehirnerschütterung ist immer noch nicht ganz auskuriert und Marquez gab auf seiner Homepage bekannt, dass sein Start derzeit noch vakant sei - die Rennärzte verweigern noch die Starterlaubnis.
"Wenn keine Last-Minute-Verbesserung eintritt, kann ich nicht am Rennen teilnehmen", berichtete der Spanier. Dies würde alle Rechenspiele verhindern, Bradl könnte sich kampflos zum Champion krönen.
Platz zwei ist sicher
Das Erbe seines Vaters, der ihm schon kurz nach Entfliehen des Gitterbettes sein erstes Motorrad schenkte, hat er bereits angetreten und in der Tasche, denn der zweite Platz ist ihm nicht mehr zu nehmen. Doch will er auch als legitimer Nachfolger von Dirk Raudies angesehen werden, der als letzter deutscher Pilot im Jahr 1993 den Titel in der Achtelliterklasse holte.
Und Raudies hatte schon vor Jahren erklärt, dass Bradl das Zeug dazu habe, ein großer Rennfahrer zu werden. Dabei sei die herausragendste Fähigkeit des Augsburgers - laut eines Artikels auf faz.net - "den Mechanikern genaue Informationen darüber zu geben, wie sie das Fahrwerk und den Motor auf die jeweilige Strecke abstimmen sollen.
Dabei hatte Bradl die Karriere im Alter von 17 bereits kurzfristig an den Nagel gehängt. Denn sein kometenhafter Aufstieg führte ihn schnell in eine Sackgasse. Schon im Alter von 13 holt er beim Red Bull Rookies Cup einen beachtlichen siebten Rang, stieg schnell in die Internationale Deutschen Motorradmeisterschaft auf und holte dort 2005 den Titel als jüngster IDM-Champion aller Zeiten.
Auf Höhen folgen Tiefen
Danach geriet die Karriere ins Stottern, denn in der ersten kompletten WM-Saison blieben die Erfolge aus und auch bedingt durch Verletzungen kündigte ihm sein Sponsor KTM letztendlich den Vertrag. Er wechselte daraufhin zum spanischen Repsol-Honda-Team gab aber nach der Vorbereitung bekannt, seine Karriere zu beenden.
"Ich kam mit dem neuen Team überhaupt nicht mehr zurecht. Es hat keinen Spaß mehr gemacht, und ich konnte unter diesen Umständen auch keine Leistung bringen", so Bradl auf sportstudio.zdf.de. Doch nur kurze Zeit später widerrief er diese Entscheidung. Der FAZ erklärte er: "Ich habe immer an mich geglaubt. Ich wusste, dass ich in die Weltspitze gehöre. Und prompt gewann er auch die spanische 125-ccm-Meisterschaft.
Seit 2008 fährt Bradl nun für das deutschen Kiefer-Racing-Team und seit letzter Saison startet er in der neu eingeführten Moto2-Serie für Motorräder bis 660 ccm erreichte beim WM-Sieg von Toni Elías immerhin den neunten Rang mit einem Fahrwerk des Schweizer Lieferenten Suter. Im Vorfeld der Saison 2011 wechselte Bradl dann auf Kalex.
Zu jung zum Feiern
"Ich mag es einfach, wenn das Motorrad agil ist und man es einfach in die Kurven hämmern kann", sagte er dem ZDF Sportstudio. Wobei er im Laufe der Zeit dazugelernt hat. Früher, so erklärte er auf faz.net, wäre er zu aggressiv gefahren: "Ich bremse immer am Limit, das Hinterrad steigt dann auf, die Maschine wackelt und scheppert.
Und auch abseits der Strecke gehört Bradl eher zur ruhigeren Sorte und fokussiert sich ganz auf den Wettkampf: "Der Motorsport-Zirkus ist eine Scheinwelt! Meine Familie hat mir das zum Glück beigebracht. Partys, Grid Girls interessieren mich nicht. In jungen Jahren sah das schon anders aus, nur mitfeiern durfte er da leider nicht immer.
Denn der 18-Jährige durfte 2008 nach dem dritten Platz in Quatar bei der anschließenden Feier im Hotel nicht dabei sein. Die Scheichs fanden es unangemessen, einen jungen Mann dem Alkohol auszusetzen seine Leistungen auf dem Motorrad waren da nebensächlich. Doch im Moment liegt genau da der Fokus, wie Bradl auf sportstudio.zdf.de sagt: "Ich bin Führender der Gesamtwertung, also werde ich wohl auch der beste Fahrer sein"
Gunnar Beuth