"Der Weg zum Sieg ist hier viel länger. Das ist kein Sprint, das ist ein Marathon", erklärte Roger Federer nach seinem hart umkämpften Halbfinaleinzug bei den French Open. 195 Minuten hatte der Schweizer gebraucht, ehe er Juan Martin del Porto trotz 0:2-Satzrückstand in fünf Sätzen mit 3:6, 6:7, 6:2, 6:0, 6:3 hatte niederkämpfen können. Ein Marathonmatch musste auch Novak Djokovic überstehen, ehe er Federer ins Semifinale von Paris folgen konnte.
Sein dabei unterlegener Gegner Jo-Wilfried Tsonga konnte einem richtig leid tun. Mit einem Handtuch über dem Kopf saß Jo-Wilfried Tsonga eine Weile regungslos auf seinem Stuhl, dann erhob er sich und erklärte "seinem" Publikum den Tränen nahe im Interview: "Ich war so nah dran an diesem Sieg, hätte so gerne vor euch gewonnen".
"Nun ist es Zeit für eine Tasse Tee", erklärte er in der Pressekonferenz nach der Partie, als er gebeten wurde, ein paar Sätze in Englisch an seine britischen Fans zu richten. Dabei wird es sich sicherlich um Beruhigungstee handeln. Denn auch lange nach der Partie war Tsonga noch entsprechend aufgewühlt über die Umstände, die zu der "härtesten Niederlage meines Lebens" geführt hatten.
Tsonga vergibt vier Matchbälle gegen Djokovic
Denn Tsonga hatte gegen den Weltranglistenersten Novak Djokovic gleich vier Matchbälle nicht verwerten können, verlor den Tiebreak im vierten Satz und musste in den fünften. Dort hatte Djokovic dann leichtes Spiel und nach knapp über vier Stunden mit 6:1, 5:7, 5:7, 6:7, 6:1 doch noch triumphiert. "Am Ende konnte ich nicht mehr genug Widerstand entgegen halten", erklärte Tsonga traurig im Schlussdurchgang sichtlich gehandicapt durch Rückenprobleme bei den immer feuchter werdenden Bedingungen.
Davon hatte sich Djokovic aber nicht stören lassen. Mit dem Rücken zur Wand hatte der Serbe noch einmal alles riskiert und wurde für das hohe Risiko am Ende belohnt. Auch wenn er selber am Ende etwas ungläubig gestehen musste: "Er war fast über das gesamte Match der bessere Spieler, ich hatte Glück, dass ich zurück gekommen bin. Aber ich habe keine Ahnung, wie mir das gelungen ist."
Den ersten Satz hatte Djokovic klar gewonnen, im zweiten bereits ein Break vorne gelegen, ehe Tsonga angefeuert von seinem Heimpublikum regelrecht aufdrehte, zwei Sätze lang Tennis nahezu zelebrierte und seinem favorisierten Gegenüber einen heißen Tanz lieferte. Djokovic war sichtlich unzufrieden mit dem Weg, den das Match nahm, schimpfte mehrfach lautstark vor sich hin. Doch als Tsonga kurz vor dem Matchgewinn dann auf einmal schwächelte, war Djokovic wieder da, ergriff die Initiative und zog ins Halbfinale ein.
Federer dreht 0:2-Satzrückstand gegen del Potro
Dort trifft er nun auf Roger Federer, der in seinem Viertelfinale gegen den Argentinier Juan Martin del Porto eine ähnlich harte Aufgabe erwischt hatte. Mit zwei Sätzen hatte Federer bereits im Hintertreffen gelegen, ehe er sich zurückkämpfte und doch noch in sein insgesamt 31. Grand Slam-Halbfinale einzog und damit den Rekord von Jimmy Conners egalisierte.
Dabei profitierte Federer allerdings nicht nur von seiner eigenen Leistungssteigerung, sondern auch von der Knieverletzung seines Kontrahenten del Potro. Der Argentinier bewegte sich nach dem im zweiten Satz gewonnenen Tiebreak bei weitem nicht mehr so flüssig wie zuvor, sein Spiel fiel entsprechend ab.
Auch wenn dieser Umstand unübersehbar war, wollte del Potro von einer Verletzung nichts wissen. "Ich habe nach dem zweiten Satz einfach nicht mehr so gut aufgeschlagen", suchte er nach einer anderen Erklärung für die Niederlage. Ich glaube deshalb konnte sich das Match überhaupt noch einmal drehen", erklärte er auf der Pressekonferenz nach der Partie.
Malte Asmus