In den amerikanischen Läden herrscht im Weihnachtsgeschäft gnadenloser Preiskampf. Eine Frau wurde beim Rennen um die besten Schnäppchen im Florida niedergeschlagen. Die Käufer rissen sich um DVD-Spieler für 29,99 Dollar und ließen die bewusstlose Frau am Boden liegen. Im Konkurrenzkampf um die tiefsten Preise zwingen Geschäfte Zulieferer zu immer günstigeren Angeboten. Gespart wird auch am Lohn. Das ruft Kritiker auf den Plan.
Zu viele Niedriglohnjobs
Als weltgrößter Einzelhändler steht Wal-Mart am Pranger. Weil der Konzern der größte private Arbeitgeber ist, ist von der "Wal-Martisierung" Amerikas die Rede. "Wal-Mart hält die amerikanischen Werte hoch. Jemand sollte das Unternehmen daran erinnern, dass dazu auch gehört, den Angestellten genug Lohn für ein anständiges Leben zu bezahlen", schrieb die «New York Times» in einem Kommentar. Nach einer neuen Studie sind Niedriglohnjobs in den USA allgemein auf dem Vormarsch. 34 Millionen Menschen, ein Viertel der gesamten arbeitenden Bevölkerung, leben der neuen Studie zufolge bereits damit.
'Billiger' geht oft nur druch brutales Sparen
In Kalifornien streiken 70.000 Mitarbeiter mehrerer Supermarktketten. Sie kämpfen um Löhne und den Erhalt der Arbeitgeberanteile zur Krankenversicherung. Safeway, die Mutter der bestreikten Vons-Kette, wolle Wal-Mart beim Rennen um die niedrigsten Löhne und Zusatzleistungen noch überholen, wirft Douglas Dority, Präsident der Gewerkschaft UFCW, dem Konzern vor.
Immer weniger in den Gewerkschaften
Die Arbeitgeber sehen ihr Überleben in Gefahr, weil Wal-Mart dort im Frühjahr ins Supermarkt-Geschäft einsteigen will. "Wir sehen immer mehr Discountläden und solche, deren Angestellte nicht in Gewerkschaften sind. Sie haben wesentlich geringere Lohnkosten. Das gibt ihnen einen unfairen Vorteil gegenüber denen, die Gewerkschaften zulassen", warnte Vons-Vorstand Tom Keller. Davon kann nach Angaben von Wal-Mart nicht die Rede sein. "Selbst, wenn wir in den nächsten fünf Jahren sämtliche geplanten Supermärkte in Kalifornien eröffnen, haben wir höchstens zwei bis vier Prozent Marktanteil", sagt Wal-Mart-Sprecher Ray Bracy. "Wie das die Konkurrenz bedrängen kann, verstehen wir nicht."
Illegaler Druck auf Angestellte?
Von den 1,2 Millionen Wal-Mart-Angestellten in den USA ist kein einziger in der Gewerkschaft. "Bislang haben sich immer alle gegen das Organisieren ausgesprochen, weil sie finden, dass das Unternehmen ihnen alles bietet, was sie brauchen", sagt Bracy. Die «Los Angeles Times» zitierte aus Richterentscheidungen, wonach der Konzern illegalerweise entsprechend Druck auf Angestellte ausübte.
Verdienst überm gesetzlichen Mindestlohn
Wal Mart ist mit einem Umsatz von 244,5 Milliarden Dollar - etwa so viel wie das Bruttoinlandsprodukt der Schweiz - das größte Unternehmen der Welt. In den rund 3 000 Läden werden jede Woche 138 Millionen Käufer bedient. In Deutschland ist Wal-Mart mit einem Umsatz von 2,9 Milliarden Euro das zehntgrößte US-Unternehmen. In Las Vegas verdient ein Wal-Mart-Mitarbeiter zwischen 7,40 und 13,75 Dollar die Stunde. Der gesetzliche Mindestlohn liegt bei 5,15 Dollar, die Armutsgrenze bei 8,70 Dollar. Nach Gewerkschaftsangaben liegt Wal-Mart weit unter dem Lohnniveau. Bracy bestreitet das, nicht aber, dass die Gehälter niedrig sind. "Keiner behauptet, dass man mit dem Gehalt einer Kassiererin ein Haus und ein Auto kaufen und den Kindern das College finanzieren kann", sagt Bracy.
Enormer Druck zur Kostensenkung
Der Druck auf Wal-Mart-Manager, Kosten zu senken, ist enorm. Ein Geschworenengericht in Oregon sah es im vergangenen Jahr als erwiesen an, dass Angestellte zu unbezahlten Überstunden gezwungen worden waren. Im Oktober wurden 250 illegale Immigranten in 61 Wal-Mart-Geschäften beim Putzen aufgegriffen. Eine Anklagekammer untersucht nun, ob Wal-Mart tatsächlich nicht wusste, dass der angeheuerte Gebäudereiniger Illegale beschäftigte.
Importwaren sind billiger
"Wir wollen alle saubere Luft, sauberes Wasser, ein gutes Leben und die beste Krankenversicherung - aber niemand ist bereit für Waren zu zahlen, die unter diesen Bedingungen hergestellt werden", sagte der Vorstand des Textilunternehmens Carolina Mills, Steve Dobbins, der Zeitschrift «Fast Company». Sein Unternehmen kann als Garn-Lieferant für Wal-Mart-Zulieferer seit drei Jahren nicht mehr mit Importware mithalten.