Mit der EU-Osterweiterung ist der Blick des Beitrittskandidaten Rumänien stärker denn je auf Europa gerichtet. Damit das Land wie angestrebt 2007 mit Bulgarien in die Union aufgenommen wird, muss es die Betriebe weiter privatisieren, vor allem im Energiesektor. An einem Einstieg in die zu privatisierende Gasversorgung sind unter anderem die E.ON-Tochter Ruhrgas sowie das Kasseler Öl-Gas-Unternehmen Wintershall interessiert. Die BASF-Tochter fördert seit vier Wochen als erstes ausländisches Unternehmen in Rumänien Erdgas und hat bereits die Erschließung weiterer Reserven in Aussicht gestellt.
Energieproduktion für Wirtschaftswachstum
Für Rumänien verringert sich durch die deutsche Erdgasförderung die Abhängigkeit von russischem Importgas. Eine erhöhte Energieproduktion ist zugleich Voraussetzung für das angestrebte Wirtschaftswachstum von sechs Prozent, das den Anschluss an die EU sichern soll, sagt Wirtschaftsminister Dan Ioan Popescu. Bei einem Zuschlag für die Gasversorgung hat Wintershall millionenschwere Investitionen in das Leitungsnetz angekündigt. "Der rumänische Energiesektor ist veraltert und die notwendige Modernisierung kann nicht aus dem Staatsbudget bezahlt werden", so Popescu. Gesetzt werde deshalb auf den Einstieg europäischer Firmen, die über Managementtalent und Kapital verfügten.
"Ausländische Firmen können auf langfristige Aufträge hoffen", wirbt der Wirtschaftsminister um Investoren. Im Energiesektor sei Deutschland Rumäniens wichtigster Partner. Anfang März erst seien Vereinbarungen getroffen worden, die deutschen Firmen Beteiligungen an Projekten im Umfang von zwei Milliarden Euro ermöglichten. Deutschland ist Rumäniens zweitwichtigster Handelspartner mit etwa 15 Prozent des Außenhandels.
Privatisierung wird zu Entlassungen führen
Zu Weltmarktpreisen kann Wintershall das im siebenbürgischen Sighisoara (Schäßburg) geförderte Gas noch nicht in Rumänien vermarkten. Die Bevölkerung bezieht das Gas zur Zeit noch mit einem staatlich regulierten Preisabschlag. Die Privatisierung der Gasversorgung werde jedoch zu steigenden Tarifen und zur Entlassung überzähligen Personals führen, sagt Popescu. Der angestrebte EU- Beitritt mache unpopuläre Maßnahmen erforderlich, sagt der Chef der Wintershall-Niederlassung in Rumänien, Harald Kraft. "Das ist eine Gratwanderung zwischen dem, was notwendig ist, und dem, was dem Volk zugemutet werden kann."
Interessant für ausländische Energieunternehmen ist Rumänien nicht nur wegen des Potenzials, das der inländische Markt bietet. Das Land liegt nämlich auf der Route der geplanten Nabucco-Pipeline, die Gas aus Iran und dem kaspischen Raum nach Europa bringen soll. "Rumänien kann eine wichtige Rolle bei der Versorgung Europas mit Gas aus Asien spielen", sagt der Wirtschaftsminister. Praktisch alle europäischen Länder seien bisher noch von Russland als einzigem Erdgaslieferanten abhängig. Wer die neue Erdgasleitung baut, ist noch nicht entschieden.