Finanzmärkte US-Kreditkrise lässt Dax abstürzen

Die US- Notenbank flutet die Finanzmärkte mit Geld, um der ausufernden Kreditkrise Herr zu werden. Letztere führt zu massiven Verwerfungen: Um eine Pleite zu verhindern, übernimmt die Investmentbank JPMorgan Chase den Konkurrenten Bear Stearns. Der deutsche Aktienmarkt reagierte panisch. Der Dax verlor zeitweise vier Prozent.

Die US-Notenbank Federal Reserve hatte ihren Diskontsatz überraschend um 25 Basispunkte auf 3,25 Prozent gesenkt. Zugleich kündigte sie am Sonntag ein Sonderkreditprogramm an, um großen Finanzfirmen zusätzliches Geld zur Verfügung zu stellen. Praktisch zeitgleich gab JPMorgan Chase die Übernahme der in schweren Liquiditätsproblemen steckenden fünftgrößten US-Investmentbank Bear Stearns bekannt. Mit 236 Millionen Dollar liegt der Preis des Geschäfts weit unter dem Börsenwert von Bear Stearns zum Ende der vergangenen Woche. Die Fed unterstützt das Geschäft mit einer Sonderfinanzierung.

Die US-Aktienkurse zogen nach den Entscheidungen außerbörslich zunächst an, gaben dann aber wegen Sorgen vor einer Ausweitung der weltweiten Kreditkrise deutlich nach. Der Kurs des Euro stieg auf ein neues Rekordhoch von 1,5825 Dollar. Der Deutsche Aktienindex ist auf ein neues Jahrestief eingebrochen. Der Leitindex verlor zu Handelsbeginn zeitweise bis zu vier Prozent - und stürzte auf einen Stand unter 6200 Punkte. Besonders Bankaktien litten unter den schlechten Nachrichten aus den USA. Der Münchner Industriekonzern Siemens trübte die Stimmung mit einer Gewinnwarnung zusätzlich. Die Aktie verlor um mehr als zehn Prozent.

Weitere Zinssenkung erwartet

Die Fed begründete die sofort wirksame Diskontsatz-Senkung damit, dass liquide, gut funktionierende Märkte wesentlich seien, um das Wirtschaftswachstum zu fördern. Zuletzt hatte sie diesen Satz, zu dem sich die Banken bei der Fed über Nacht Geld besorgen können, Ende Januar auf 3,5 Prozent gesenkt. Für Dienstag wird zudem erwartet, dass sie eine kräftige Senkung ihres Leitzinses, des Zielsatzes für Tagesgeld, beschließt.

Mit ihrem Sonderkreditprogramm greift die Fed zusätzlich den so genannten Primärhändlern unter die Arme - insgesamt 20 großen Wall-Street-Firmen wie Bear Stearns, die an den Finanzmärkten direkt mit der Zentralbank handeln. Sie sollen für mindestens sechs Monate ebenfalls zum Diskontsatz von der Fed Geld bekommen können. Die Beschlüsse sollten den Finanzinstitutionen mehr Sicherheit geben, dass sie an Geld kämen, sagte US-Notenbankchef Ben Bernanke.

JPMorgan Chase teilte mit, sie werde für die Übernahme von Bear Stearns rund zwei Dollar je Aktie in eigenen Anteilsscheinen zahlen. Am Freitag hatten die Papiere der zuletzt mit massiven Liquiditätsproblemen kämpfenden US-Investmentbank den Handel noch bei einem Kurs von 30,85 Dollar beendet. Die Gesamtkosten des Geschäfts bezifferte JPMorgan auf sechs Milliarden Dollar. Nach der vollständigen Eingliederung von Bear Stearns in das eigene Geschäft werde es allerdings einen Gewinnzuwachs von einer Milliarde Dollar bringen. Die Übernahme solle innerhalb von rund 90 Tagen abgeschlossen werden. Bear Stearns sagte die für Montag angekündigte Veröffentlichung ihrer Quartalszahlen ab.

JPMorgan garantiert für Bear Stearns

Die Fed habe sich bereiterklärt, zur Finanzierung von Bear-Stearns-Vermögenswerten mit Liquiditätsproblemen bis zu 30 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen, teilte JPMorgan weiter mit. JPMorgan werde für sämtliche finanziellen Verpflichtungen von Bear Stearns garantieren.

US-Finanzminister Henry Paulson zeigte sich zufrieden über die Bear-Stearns-Übernahme und das Eingreifen der Fed. Diese stärkten Stabilität, Liquidität und das ordnungsgemäße Funktionieren der Märkte, erklärte Paulson, der an den Gesprächen über die Übernahme der Investmentbank beteiligt gewesen war.

JPMorgan war Bear Stearns am Freitag zusammen mit der Fed in einer dramatischen Rettungsaktion zur Seite gesprungen. Die fünftgrößte US-Investmentbank litt im Zuge der Hypothekenkrise unter massiven Liquiditätsproblemen. Am Wochenende war zudem ein weiterer drohender Kapitalausfall bekanntgeworden: Das chinesische Brokerhaus CITIC teilte mit, es überdenke seine Pläne für einen Einstieg bei Bear Stearns. Es könne nicht garantieren, dass es tatsächlich zu der angepeilten Investition von etwa einer Milliarde Dollar kommen werde.

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