ifo-Index Stimmung in der Wirtschaft schlechter

Die Hoffnungen auf einen kräftigen Aufschwung der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr haben erneut einen Dämpfer erhalten. Der ifo-Geschäftsklimaindex brach im Juni überraschend von 96,0 auf 94,6 Punkte ein.

Der ifo-Geschäftsklimaindex erreichte den niedrigsten Stand seit September 2003. "Der Aufschwung ist zwar da, aber er ist relativ blutlos", sagte ifo- Chefvolkswirt Gernot Nerb am Freitag in München. Vor allem Verbraucher und kleinere Unternehmen seien weiterhin verunsichert. Am Arbeitsmarkt sei keine echte Entspannung in Sicht. Der DAX drehte nach Bekanntgabe der Juni-Werte ins Minus.

Überraschend schlechte Erwartungen

Der ifo-Index gilt als einer der wichtigsten Frühindikatoren der deutschen Wirtschaft. Analysten hatten für den Juni mit einem leichten Anstieg gerechnet. Die Unternehmen beurteilten sowohl ihre aktuelle Lage als auch die künftigen Geschäftsaussichten schlechter. "Wir selber waren auch überrascht", sagte Nerb. Im Mai war der Index wegen der hohen Ölpreise leicht zurückgegangen.

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) forderte angesichts der wankenden Konjunktur, alle "Verunsicherungen" zu vermeiden. Diskussionen etwa über Steuererhöhungen seien Gift für die Konjunktur, sagte er dem Fernsehsender "N24". Dennoch betonte er: "Der Aufschwung ist da." "Die Lage ist noch nicht stabil", sagte der Minister. Er halte aber daran fest, dass das Wachstum 2004 mindestens 1,5 bis 1,7 Prozent erreichen werde.

Verschlechterung quer durch alle Branchen

Zuletzt waren die Ölpreise aber wieder etwas gesunken, daher hatten Analysten mit einer Aufhellung der Stimmung gerechnet. Nerb verwies aber darauf, dass der Einzelhandel hohe Ölpreise traditionell erst mit Verzögerung zu spüren bekomme. Dies sei aber wohl auch nicht die Hauptursache für den überraschenden Rückgang. Die Beurteilung der aktuellen Lage sank im Juni von 94,4 Punkten im Vormonat auf 93,2 Punkte. Der Index für die Geschäftserwartungen ging von 97,7 auf 96,0 Punkte zurück. Dies war sogar der niedrigste Stand seit einem Jahr. Die Stimmung verschlechterte sich im Juni quer durch alle Branchen, besonders deutlich aber im Einzel- und Großhandel.

Trotz des Rückschlags im Juni rechnet das ifo Institut noch immer mit einem moderaten Aufschwung in diesem Jahr. Allerdings sei dieser Aufschwung noch nicht selbst tragend und gefestigt. "Die nach wie vor positiven Exporterwartungen belegen zwar, dass Deutschlands Exportindustrie dem stürmischen weltweiten Konjunkturaufschwung folgt", sagte ifo-Chef Hans-Werner Sinn. Die Binnennachfrage stagniere aber noch, weil sich die Beschäftigung zunehmend von der Produktion abkoppele. Nerb machte zudem psychologische Gründe für die wackelige Lage verantwortlich. "Bei den kleineren Unternehmen und den Verbrauchern ist das wie bei unserer Fußballmannschaft: zu defensiv." (dpa)

DPA