Solange das Geld Monat für Monat auf dem Konto eintrifft, fällt einem Großteil der deutschen Betriebsrentner offenbar nicht auf, dass ihnen die Firma womöglich schon seit Jahren etwas schuldig bleibt - nämlich eine inflationsbedingte regelmäßige Aufstockung. Darauf haben Betriebsrentner ein Anrecht. Doch nur ein Drittel der privaten Arbeitgeber passe die Altersbezüge auch tatsächlich korrekt an, so die Erkenntnis des Verbands der Betriebsrentner (BVB) in Wiesbaden. Millionen Betriebsrentner kriegen demnach zu wenig Geld.
Frühere Arbeitgeber nachrechnen lassen
"Betroffene sollten ihr Recht einfordern und den früheren Arbeitgeber nachrechnen lassen", ermuntert Karlheinz Große, geschäftsführender Vorstand des BVB, zum Handeln. Freiwillig und unaufgefordert zahlten nur die wenigsten Firmen mehr. Die meisten gingen stillschweigend in Deckung, um Zusatzausgaben zu vermeiden. Nicht mal verwunderlich, meint Große: "Die Rentner sind in der Holschuld. Wenn die nicht hartnäckig sind, passiert nichts, trotz eindeutiger Rechtslage."
Weitere Informationen
Wer weitere Informationen zum Einfordern von Rentenerhöhungen braucht, kann sich an den BVB in Wiesbaden wenden. Beratung und Formulierungshilfen gibt es jedoch nur für Mitglieder des Vereins.
Wird ein Betriebsrentner nicht von sich aus aktiv und verlangt alle drei Jahre eine Anpassung, kann ihm viel Geld durch die Lappen gehen. Nur wer sich rechtzeitig rührt, hat gute Chancen, auch rückwirkend noch Rentenerhöhungen durchzukämpfen. "Im einstigen Betrieb mal nachfragen", rät deshalb auch Susanne Meunier, Altersvorsorgeexpertin von "Finanztest". Wer nachhakt, sollte wissen: Eine Betriebsrente muss regelmäßig überprüft und notfalls angepasst werden, damit ihr Wert nicht von steigenden Lebenshaltungskosten aufgezehrt wird. So sieht es das Betriebsrentengesetz, Paragraf 16, vor.
"Nicht ängstlich klein beigeben"
Angepasst werden kann in vier Varianten. Entweder packt die Ex-Firma alle drei Jahre den nötigen Teuerungsausgleich auf die zugesagte Summe drauf. Oder sie erhöht alternativ die Rente um den Betrag, der der Steigerung der Nettolöhne der noch aktiv Beschäftigten im Unternehmen entspricht. Wird die Betriebsrente über eine Direktversicherung oder Pensionskasse abgewickelt, reicht es nach Angaben des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) auch aus, wenn die erwirtschafteten Überschüsse jährlich rentenerhöhend gutgeschrieben werden. Seit 1999 hat eine Firma zudem die Wahl, ihren Werksrentnern automatisch jährlich ein Prozent mehr zu zahlen. Diese Variante ist in der Wirtschaft allerdings nicht gerade beliebt. Denn gezahlt werden müsste dann in guten wie in schlechten Zeiten. Nullrunden aus wirtschaftlichen Engpässen darf sich die Firma dann nicht mehr erlauben.
Genau dieses Argument wird jedoch hauptsächlich dann angeführt, wenn ein Unternehmen eine anstehende Rentenanpassung von sich weist: Die wirtschaftliche Schieflage, etwa bei Verlusten und Personalabbau. In einer solchen Ausnahmesituation ist es der Firma gestattet, eine Erhöhung für die Betriebsrentner ausfallen zu lassen. "Dass es dem Unternehmen schlecht geht kann stimmen, muss aber nicht", so die Erfahrungen Großes. Kriegen Ruheständler einen ablehnenden Bescheid oder ein offensichtlich zu mageres Aufstockungsangebot zugeschickt, sollten sie dagegen Widerspruch einlegen, empfiehlt der BVB. Große: "Nicht ängstlich klein beigeben."
Betrieb in der Beweispflicht
Im Streitfall ist der Ex-Arbeitgeber in der Beweispflicht. Das Veto darf allerdings nicht auf die lange Bank geschoben werden: Wird die Dreimonatsfrist zum Widerspruch verpasst, wird der Bescheid rechtskräftig. Ein späterer Nachholanspruch geht dann wegen "stillschweigender Zustimmung" verloren. Allerdings besteht nach rechtmäßigen Nullrunden immer noch die Chance auf Erhöhungen für die Zukunft, erklärt Klaus Stiefermann von der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (ABA). Vielen Betrieben geht es wirtschaftlich deutlich besser als noch vor einigen Jahren.
Lässt die Firma über viele Jahre überhaupt nichts in Sachen Rentenanpassung von sich hören, sitzen Betriebsrentner im Streitfall häufig am längeren Hebel, um auch rückwirkend noch Zahlungen durchzusetzen, weiß Große. Vieles werde dann in Einzelgesprächen ausgehandelt - und die Rentner zur Schweigepflicht verdonnert, um eine "Anpassungslawine" zu vermeiden.