Die rasche Talfahrt der US-Ölpreise hat sich weiter fortgesetzt: Höhere amerikanische Lagerbestände für Heizöl und Rohöl trieben die Notierungen nach unten. Der Preis für Rohöl zur Januar-Auslieferung sank Donnerstag am New Yorker Warenterminmarkt Nymex im elektronischen Handel um 85 Cent oder 1,87 Prozent auf 44,64 Dollar je Barrel (159 Liter). Am Vortag war der Rohölpreis dramatisch um 7,4 Prozent je Barrel eingebrochen. Seit dem Rekordhoch von 55,67 Dollar am 25. Oktober ist der Preis inzwischen um knapp 20 Prozent gefallen. Der New Yorker Heizölpreis war am Mittwoch um 6,3 Prozent und am Donnerstag noch einmal um 1,57 Prozent abgesackt.
Viele Hedge-Fonds und andere Öl- und Energiespekulanten zogen sich plötzlich vom Markt zurück und verstärkten die Verkaufswelle. Auch das wärmere Winterwetter im Nordosten der USA, die hohe Auslastung der amerikanischen Raffinerien und deutlich höhere Ölimporte in die USA wirkten sich ebenfalls preisdrückend auf den amerikanischen Ölmarkt aus.
DAX zieht an
Der überraschende Ölpreis-Sturz hat auch den deutschen Aktienmärkt gestützt. Der Deutsche Aktienindex DAX legte bis zum Mittag 0,42 Prozent auf 4.203 Punkte zu, der MDAX um 0,27 Prozent auf 5.316 Zähler und der TecDAX um 0,49 Prozent auf 515. Zuvor hatte schon der japanische Aktienmarkt ein sattes Plus von 1,75 Prozent auf 10.973 Punkte erreicht.
Der Ölpreis hatte aus mehrern Gründen die von Experten als "psychologisch wichtige" bezeichnete 55-Dollar-Marke geknackt. Preistreiber waren die unsichere Lage im Nahen Osten und Nigeria. Auch die Zerschlagung des russischen Öl-Konzerns Yukos und die Rohstoffpolitik der USA beunruhigten die Märkte. Neben den hohen Euro-Kurs wurde der steigende Ölpreis als Hauptgefahr für Europas Konjunktur bewertet.
Euro wird belastet
"Der wieder niedrigere Ölpreis hilft den Kursen, während der Euro eher belastet. Obwohl ich den Eindruck habe, dass sich der Markt in der jüngsten Zeit auch wieder an den hohen Euro-Kurs gewöhnt hat", sagte ein Händler. Die Gemeinschaftswährung hatte am Morgen ein neues Rekordhoch bei knapp unter 1,34 Dollar erklommen. Die Terminkontrakte auf leichtes US-Öl notierten gegen Mittag bei 44,85 Dollar je Barrel (rund 159 Liter), nachdem sie am Vortag zeitweise noch bei über 50 Dollar gelegen hatten.
Börsianer warteten zudem gespannt darauf, ob und wie sich der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, am Nachmittag auf der Pressekonferenz im Anschluss an die Ratssitzung zum Euro-Höhenflug äußert. Von einer Änderung des Leitzinses geht der Markt nicht aus. Devisenhändler halten allerdings eine Intervention der EZB zu Gunsten des Dollar für relativ unwahrscheinlich.
Händler beklagen fehlende Dynamik
Händler beklagten am Donnerstag wie schon so oft in der jüngsten Zeit das Fehlen einer klaren Richtung am Aktienmarkt. "Die Aufwärtsdynamik lässt nach und der Dax dümpelt in einer relativ engen Handelsspanne vor sich hin", sagte ein Börsianer. "Wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir eine schöne Rally schon hinter uns haben. Die Frage ist jetzt: passiert da noch was bis zum Jahresende oder nicht?."
Mit Abstand größter Gewinner im Dax waren die Titel der Lufthansa, die vom Rückgang des Ölpreises profitierten und um drei Prozent auf 11,08 Euro zulegten. Überall in Europa waren die Titel von Fluggesellschaften wie etwa Iberia und British Airways gefragt. Ein Minus von zeitweise 0,8 Prozent verbuchten die Titel des Autoherstellers Volkswagen, nachdem der Autoabsatz im November in den USA um knapp 40 Prozent eingebrochen war. "Wenn man bei VW mit einer Erholung der Ergebnisse rechnet, muss man auch das US-Geschäft in den Griff bekommen", sagte HVB-Autoanalyst Georg Stürzer. Bis zum Mittag erholten sich die Titel allerdings wieder und lagen 0,4 Prozent im Plus bei 34,28 Euro.