Ab 2005 startet das "Alterseinkünftegesetz", hinter dessen sperrigem Titel sich tatsächlich eine kleine Revolution verbirgt. Denn das bisherige System wird auf den Kopf gestellt: Nicht mehr die Beiträge, sondern die Renten selbst werden künftig besteuert - eine einschneidende Reform für alle Generationen.
Umstellung dauert 35 Jahre
Von Jahrgang zu Jahrgang müssen Rentner dann ab Januar nächsten Jahres immer mehr von ihren Altersbezügen an den Staat abführen, Berufstätige werden steuerlich entlastet. Die komplette Umstellung soll sich über 35 Jahre hinweg ziehen. Ab 2040 schlägt der Fiskus mit voller Härte zu. Ab dann ist jeder Renteneuro zu versteuern. Um die neue Abgabenlast auszugleichen, können Erwerbstätige ihre Vorsorgeleistungen künftig von der Steuer absetzen. Verlierer werde es durch die Reform nicht geben, versicherte die Bundesregierung.
Aber daran kann Sabine Kohls, Sprecherin des Sozialverbands VdK, nicht recht glauben: "Verlierer gibt es sehr wohl, und zwar unter den heutigen und angehenden Rentnern." Sie würden im Alter noch einmal zur Kasse gebeten, obwohl ihre Beiträge ja über all die Jahre schon besteuert worden seien. Viele Senioren hätten Angst vor zusätzlichen Löchern im Geldbeutel, fürchteten Altersarmut, seien verunsichert. "Sicher ist nur die Steuer im Alter", meint sie.
Gut nur für Berufseinsteiger
Auch Peter Grieble, Verbraucherschützer aus Stuttgart, schätzt, dass "nicht alle Bürger so arg glücklich" mit der Reform seien. So richtig auszahlen dürfte sich der Systemwechsel nur für Berufseinsteiger, die noch nicht so viel versteuertes Geld für ihre gesetzliche Rente aufbringen mussten.
Die große Masse unter den 19 Millionen Ruheständlern bleibe erst einmal vom Zugriff des Fiskus verschont, rechnet dagegen das Bundesfinanzministerium vor. Zwar müssen alle, die bis Ende 2005 schon in Rente gegangen sind, 50 Prozent ihrer Bezüge versteuern - auch die Renten aus berufsständischen Versorgungswerken und aus Leibrentenversicherungen. Bisher musste nur der so genannte Ertragsanteil versteuert werden. Ein Normalrentner sei aber kaum betroffen, heißt es aus der Berliner Behörde. "Die Steuerlast wird bei vielen steigen", meinen hingegen die Experten von "Finanztest".
Mehr Steuern bei berufstätigem Ehepartner
Steuerfrei in 2005 bleiben Alleinstehende, die knapp 19.000 Euro im Jahr bekommen. Für Rentnerehepaare gilt die Obergrenze von fast 38.000 Euro jährlich. Die Freibeträge bieten vorläufig ein Schlupfloch. Ein männlicher Rentner, alleinstehend, mit einer gesetzlichen Auszahlung von 1.000 Euro monatlich, müsse auch künftig keine Steuern zahlen, rechnet das Finanzministerium weiter vor. Unangenehm dürfte es für Ruheständler werden, die relativ viel gesetzliche Rente beziehen und daneben noch Zusatzeinkommen haben, etwa eine Betriebsrente, eine vermietete Eigentumswohnung, Zinsen oder steuerpflichtigen Lohn. Für diesen Personenkreis gehe die Steuerlast eindeutig nach oben, betont Grieble. Teurer wird es auch für die, die noch eine Pension bekommen oder berufstätige Ehepartner haben.
Wichtig zu wissen: Das Jahr des Rentenbeginns ist künftig entscheidend für die Höhe der Besteuerung. Bei jedem Jahrgang, der sich neu zur Ruhe setzt, steigt die Besteuerung zunächst um zwei Prozentpunkte, ab 2020 um jeweils einen Punkt. Mit den Jahren wird also ein immer größerer Rentenanteil steuerpflichtig.
Viel Verwirrung befürchtet
Die Belastung, mit der man in Rente geht, bleibt wenigstens unverändert. Wer sich 2006 aus dem Arbeitsleben verabschiedet, muss bis zum Lebensende also 52 Prozent versteuern. Ein Neurentner im Jahr 2015 ist schon mit 70 Prozent dabei. Im Gegenzug können all die, die noch arbeiten, ab kommendem Jahr mit Steuerentlastungen rechnen - zumindest ein wenig, für ihre Beiträge für die Altersvorsorge zum Beispiel und für Policen wie Krankenversicherungen, Zusatzversicherungen (Zahnersatz, Chefarztbehandlung, Krankentagegeld) oder Pflegeversicherungen. "Diese ganzen Übergangsregelungen dürften noch für viel Verwirrung unter den Bürgern sorgen, ob jung oder alt", ist Verbraucherschützer Grieble überzeugt.