Jeder Boom hat einmal ein Ende - diese wirtschaftliche Binsenweisheit entdecken gerade die Investoren am US-Immobilienmarkt. Dort sind die Zeiten der Hausse vorbei, die Immobilienpreise sinken. Die Folgen auf die Konjunktur waren allen klar, und die Zahlen sprechen bereits zum Jahresende eine deutliche Sprache. Wuchs die Wirtschaft im ersten Quartal aufs Jahr hochgerechnet noch um satte 5,6 Prozent, waren es im dritten geschätzt nur noch 2,2 Prozent. Und für das letzte Jahresviertel erwarten die Experten der Deutschen Bank gar Nullwachstum. 2007 dürfte somit zur Zitterpartie um die Frage werden, wie heftig der Immobiliensektor die Wirtschaft ausbremst.
"Die große Unsicherheit ist: wir wissen nicht, wie stark der Rückschlag am Immobilienmarkt sein wird und wie stark dadurch die Konsumausgaben beeinflusst werden", sagt Stefan Schneider, Leiter internationale Konjunktur bei der Deutsche Bank Research. Denn während des Höhenflugs der Hauspreise nutzten die Amerikaner ihre Immobilien als gigantische Geldmaschinen, indem sie immer höhere Kredite aufnahmen oder auf billigere Hypotheken dank gesunkener Zinsen umsattelten. Das frische Geld befeuerte wiederum den Privatkonsum, der rund 70 Prozent der US-Wirtschaft ausmacht.
Nicht zuletzt niedrigeren Energiepreisen ist es zu verdanken, dass die schwächelnde Baukonjunktur bislang nicht allzugroße Verwüstungen anrichtete. Dazu herrscht am amerikanische Arbeitsmarkt eitel Sonnenschein: Im Oktober fiel die Arbeitslosenquote auf 4,4 Prozent und damit auf den niedrigsten Stand seit fünf Jahren.
US-Konjunktur wird schwächer
Die Auguren sind sich einig, dass es in Sachen Konjunktur in den USA im nächsten Jahr nicht mehr Volldampf voraus läuft. Strittig ist unter Pessimisten und Optimisten, wie sehr die Fahrt herausgenommen wird. Die Deutsche Bank erwartet für 2007 ein bescheidenes Plus von etwa zwei Prozent, die Zeitschrift "Economist" tippt in ihrem Jahresausblick auf ein klein wenig darüber - "unterhalb des Potenzials, aber nicht direkt ein Einbruch". Die "New York Times" hingegen sieht "Sturmsignale für die Wirtschaft" am Horizont und verweist auf den US-Rentenmarkt, der auf eine Konjunkturschwäche hindeuteten. Selbst wenn eine Rezession vermieden werde könne, schreibt Paul Krugman, "wird 2007 ein sehr hartes Jahr".
Ganz so dramatisch klang es indes nicht, als US-Notenbankchef Ben Bernanke Ende November seinen ökonomischen Ausblick zu Protokoll gab: Im nächsten Jahr werde die Wirtschaft vermutlich mit "moderater Geschwindigkeit" wachsen, nahe oder knapp unterhalb jenes Tempos, das auf lange Sicht ohne Inflationsgefahr durchzuhalten ist. Zwar nannte er die Kerninflation, also den Preisauftrieb ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel, derzeit noch "unbequem hoch". Doch sei eine Verlangsamung zu erwarten.
Lichtblick fürs US-Handelsdeizit
"Ein lahmes Jahr ist genau, was die amerikanische Wirtschaft braucht", schließt der "Economist". Während die Konjunktur in anderen Teilen der Erde brumme, könnten verringerte Ausgaben in den USA das gigantische Handelsdefizit schrumpfen lassen, ohne dass die Weltwirtschaft allzusehr leide. Komme das Wachstum gemächlicher daher, könne wohl auch die Inflation im Zaum bleiben.
Dazu kommt: "Optimistisch stimmt, dass der Unternehmensbereich in guter Verfassung ist", sagt Stefan Schneider von der Deutsche Bank Research. Allerdings gibt sich der Experte vorsichtig. Im günstigsten Fall folge auf die derzeitige Schwächeperiode bereits im Verlauf von 2007 ein neuerlicher Aufschwung. "Aber das ist das Idealszenario."