Arbeitsrecht Streik taugt nicht als Ausrede beim Chef

Die Züge stehen still, nichts geht mehr: Im Falle eines Bahn-Streiks können Arbeitnehmer allerdings nicht einfach im Bett liegen bleiben - sonst droht Ärger mit dem Chef. Jeden Preis müssen Pendler aber nicht zahlen, um doch noch zur Arbeit zu kommen.

Wie reagiert bloß der Arbeitgeber, wenn man wegen der Bahn-Streiks nicht oder nur mit viel Verspätung auf der Arbeit erscheint? Diese Frage hat wohl die meisten Berufspendler umgetrieben, als klar war, dass die Züge Land auf, Land ab still stehen würden. Juristisch betrachtet ist die Sache relativ klar: Arbeitnehmer haben auch bei einem bundesweiten Ausfall des Bahnverkehrs keinen Persilschein dafür, einfach im Bett liegen zu bleiben und die Arbeit Arbeit sein zu lassen. Darauf weist der Heidelberger Fachanwalt für Arbeitsrecht, Michael Eckert, hin: "Ein Arbeitnehmer muss alles ihm Zumutbare tun, um pünktlich zur Arbeit zu erscheinen."

So muss man sich nach seinen Worten um eine alternative Transportmöglichkeit kümmern, "also Fahrgemeinschaften bilden oder - wenn möglich - mit dem Fahrrad fahren". Im Fall der Wahnstreiks bei der Bahn könne sich auch niemand damit herausreden, er habe von nichts gewusst. "Denn dass gestreikt wird, steht schon seit Tagen fest", erklärt das Vorstandsmitglied des Deutschen Anwaltsvereins. Allerdings hat die Zumutbarkeit auch ihre Grenzen: Ein Auto zu leihen gehe beispielsweise doch zu weit.

Arbeitgeber muss über Verspätung informiert werden

Juristisch gesprochen kann dem Arbeitnehmer eigenes schuldhaftes Verhalten zum Verhängnis werden, wenn er sich zum Beispiel auf die ausweglose Situation beruft und keine weiteren Versuche unternimmt, zur Arbeit zu gelangen. Dann ist nach Eckerts Worten durchaus eine Abmahnung gerechtfertigt. Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Pflicht des Mitarbeiters, seine Firma über die Verspätung oder das wahrscheinliche Fehlen zu informieren. "Das kann schon der nächste Grund für eine Abmahnung sein", erläutert der Jurist. Denn wie im Krankheitsfall kann es zwar gute Gründe für ein Fernbleiben geben.

Wenn der Arbeitgeber davon aber nichts erfährt, droht großer Ärger. "Schließlich ruft man auch daheim an, wenn man sich verspätet oder eine Verabredung nicht einhalten kann", sagt Eckert. Nach seiner Einschätzung haben Arbeitnehmer vor dem Gesetz schlechte Karten, wenn sie die verpasste Arbeitszeit wie im Krankheitsfall bezahlt haben wollen. Zwar gibt es im Bürgerlichen Gesetzbuch den Paragrafen 616, der eine Weiterbezahlung bei einer vorübergehenden Verhinderung vorsieht, die aus persönlichen Gründen und ohne eigenes Verschulden geschieht. Damit gesteht das Gesetz etwa Heiratswilligen zu, von der Arbeit fernzubleiben.

Möglicherweise verpasste Zeit nacharbeiten

"Bei einem Streik im Bahnverkehr greift diese Bestimmung aber nicht", erklärt der Rechtsanwalt. Schließlich fehlten die persönlichen Gründe. Denn hier sind ja alle Nutzer von öffentlichen Verkehrseinrichtungen betroffen. Nach Eckerts Dafürhalten müssen betroffene Pendler aber in der Regel keine Abzüge auf der Gehaltsabrechnung einkalkulieren. "Es kommt darauf an, wie der Arbeitgeber damit umgeht, ob er kulant ist oder verlangt, dass die verpasste Zeit zumindest nachgearbeitet wird", betont er.

Angesichts flexibler Arbeitszeitkonten in vielen Unternehmen dürfte es da kaum Probleme geben. Sollte es in den nächsten Tagen zu weiteren Streiks und ähnlichen Problemen für die Berufspendler kommen, empfiehlt der Jurist den Arbeitnehmern eine offene Kommunikation mit der Firma. Häufig genüge schon ein kurzer Handy-Anruf - selbst von unterwegs - mit der Information, dass man später eintreffen werde. Unwissenheit werde im Fall der Fälle als Entschuldigung aber sicherlich nicht zählen.

AP
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