E-MAIL AUS NEW YORK Der Muffin der Wahrheit

»Bluefish lets go of 30% of their staff«, »More layoffs at Tesco« oder »89 more victims of cost cuts at Amazing.com« ... Das sind die New-York-Times-Schlagzeilen, die mich bei meinem morgendlichen Café Latte begrüßen. So fängt der Tag doch gut an...

»Bluefish lets go of 30% of their staff«, »More layoffs at Tesco« oder »89 more victims of cost cuts at Amazing.com« ... Das sind die New-York-Times-Schlagzeilen, die mich bei meinem morgendlichen Café Latte begrüßen. So fängt der Tag doch gut an...

Ich versuche mir einzureden, das habe mit meiner Situation überhaupt nichts zu tun. Wenn mich eine Firma will, so will sie mich konjunkturunabhängig. Dass das allerdings großer Bullshit ist, weiß ich im Grund. In auftragsschwachen Zeiten werden einfach weniger arbeitswillige Leute gebraucht.

Gerüchte lauten, dass diese Entlassungswelle auch dazu genutzt wird, Fehlentscheidungen bei Einstellungen zu revidieren. Das ist jedoch nur ein Gerücht. Hier bewege ich mich eher im nebulösen Dickicht der Halbwahrheiten. Aber irgendwoher muss ich schließlich Hoffnung schöpfen.

Ich bin frustriert

Der Hauptgrund meiner Frustration ist der gestrige Abend. Ich habe mich voller Tatendrang und guten Mutes zu dem allmonatlichen Webgrrls-Meeting angemeldet. Die Webgrrls sind ein internationales Frauen-in-den-Neuen-Medien-Netzwerk, das sich zur Aufgabe erklärt hat, Geschlechtsgenossinnen zu unterstützen. Genau richtig, dachte ich, da ich doch selber als Hamburger Webgrrl anderen Suchenden schon Jobs vermittelt habe. Diesmal wird sicher mir geholfen.

Doch weit gefehlt! Als eine von zirka 50 Frauen betrat ich das Versammlungszimmer, trug meinen Namen in eine Liste derjenigen ein, die ein Announcement machen wollten, und wartete gespannt auf mein Startsignal. Leider war ich unter den letzten fünf, die ihr Anliegen vortrugen, und als ich endlich an der Reihe war, hatten schon 42 andere Frauen ihren Lebenslauf zum Besten gegeben und uns andere mit ihren Traumjobvorstellungen gelangweilt. Wenig vielversprechend das Ganze. Um nicht zu sagen: aussichtslos.

Die Gastronomie freut sich

Aber eine weitere Erfahrung auf dem scheinbar holprigen Weg meiner Jobsuche. Aufgeben werde ich so schnell nicht. Stattdessen werde ich einfach weiterhin meinen Verstand belügen, indem ich ihm erkläre, dass das Ganze auch seine positiven Seiten hat: Zumindest ist Bewegung auf dem Arbeitsmarkt! Obendrein freut sich die Gastronomie: Die Cafes sind gut gefüllt, da plötzlich viele Leute viel Zeit haben, die trinkgeldgefütterten Bedienungen sind viel aufmerksamer und der Alkoholausschank läuft auch nicht schlecht...

Und so schnappe ich mir die nächste Zeitung, trinke einen großen Schluck Kaffee und bestelle mir noch einen »Have-a-beautiful-day«-Muffin. Die Kellnerin stellt mein Gebäck neben dem dampfenden Kaffee ab und beweist mit ihrem Lächeln zwei Dinge: Nicht alle Jobs sind gefährdet, sondern erleben ein Comeback. Und die Erfinder von Muffin-Namen gehören hinter Gitter.

Fortsetzung folgt ...

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