Montag, 17. September 2001, 20:53 Uhr (MESZ)
new york versucht heute mit aller kraft, normalen alltag zu mimen. die bueros sind wieder alle besetzt, fleissig wird getradet. die wichtigsten nachrichten momentan sind die finanz-news auf cnbc.
es aergert mich, wie man eine negative reaktion der boerse - die selbstverstaendlich abzusehen war - ueber all das leid der letzten tage setzen kann. ist schon vergessen, wie viele familien unglaubliche verluste erlitten haben? ist da eine headline wie »drama an der amerikanischen boerse« angebracht? kann man es wirklich nach den geschehnissen der letzten woche mit dem selben wort beschreiben und verzweifelte menschen zeigen?? es faellt mir schwer, das zu verstehen.
ebenso muss ich mich in meinem finanzbuero sehr zurueckhalten, meine kollegen nicht staendig daran zu erinnern, dass es momentan wichtigeres gibt als das verdammte portfolio. mein chef ist verstaendlicherweise noch nicht wieder bei der arbeit. der 'service' fuer seine brueder wird am mittwoch stattfinden. beerdigung kann man das wohl nicht nennen - ohne leichen.
doch die anderen trader sind alle in kampfstimmung. es wird wenig reflektiert. einer von ihnen traegt ein schwarzes shirt mit drachenstickerei darauf. auf die frage, was das zu bedeuten haette, meinte er - halb im spass - »that we're gonna kick some ass«...
moeglicherweise reagiere ich zur zeit hypersensibel, vielleicht ist ein wenig galgenhumor zwischendurch ja sogar erfrischend, aber ich kann mir nicht helfen. die kampflust der amerikaner finde ich einfach ueberaus erschreckend. saetze wie: »es werden zwar noch weitere leben von amerikanern draufgehen, aber zumindest werden wir sie (die terroristen) alle ausrotten« sind erschreckend.
die reden von praesident bush kann ich mir nicht mehr anhoeren. sie machen mir angst. verdammt grosse angst.