EMMA HELBERGS TAGEBUCH Eine Gasmaske und eine Bibel bitte!

Welch' unglaubliche Vorstellung, freiwillig in den Krieg zu ziehen. Vaterlandsliebe in allen Ehren, aber hier riecht es teilweise einfach zu sehr nach purer Kampfeslust. Per E-Mail aus New York Emma Helberg.

Donnerstag, 28. September 2001, 06:51 (MESZ)

als mein chef heute aus seiner lunchbreak zurueckkam, trug er ein sperriges mitbringsel unter seinem arm. was er denn schoenes eingekauft haette, wollte einer der trader wissen. daraufhin grinste er leicht zynisch, leerte den inhalt seiner tuete auf dem schreibtisch aus und meinte: a bible and a gasmask. wir mussten uns alle ein lachen verkneifen, denn so komisch diese kombintion auch erschien, so viel ernst steckt doch dahinter. ich hoerte heute, dass in ganz manhattan die gasmasken vergriffen sind. die new yorker sorgen vor. und so tat also auch mein chef. die bibel allerdings hat einen anderen hintergrund, als dass er sie zum taeglichen schmoekern im buero benutzen wollte. er suchte lediglich einen passenden bibelvers fuer die trauermitteilungen.

gasmaske und bibel. ein gelungenes sinnbild. die mischung beschreibt die verfassung der new yorker recht passend. einerseits die grosse angst, die unfaehigkeit, etwas zu tun, sich in irgendeiner weise vor moeglichen weiteren angriffen zu schuetzen. das symbolisiert die gasmaske. Was kann sie schon anrichten im falle einer weiteren gegebenenfalls chemischen attacke?! und dann die bibel: die hoffnung, die nicht verloren ist, und der glaube an das gute. die kirchen verzeichnen derzeit einen ungemeinen zulauf.

darueberhinaus haengt in unserem buero das 'wanted-poster' osama bin ladens, das einer der trader letzte woche aus der new yorker post ausgerissen hat. mit gummibaendern wird regelmaessig darauf geschossen. auch das spiegelt vieles der mentalitaet

der amerikaner wieder. ich habe noch nie eine derartige euphoritaet dem militaer gegenueber erlebt. die reservesoldaten sind wahrhaftig froh, wenn sie das los trifft, sie also eingerufen werden.

uebergluecklich feiern viele diese nachricht. andere sind wiederum enttaeuscht, dass sie sich nicht mehr aufstellen lassen koennen, da sie entweder zu alt sind, oder nicht den bestimmten voraussetzungen entsprechen. welch unglaubliche vorstellung, freiwillig in den krieg zu ziehen. vaterlandsliebe in allen ehren, aber hier riecht es teilweise einfach ein wenig sehr nach purer kampfeslust. die us-army ist eine weitere organisation, die momentan ungeahnten zulauf erlebt.

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