Formular-Streit Wer will, kann Clement anrufen

Die Kritik von Sozialexperten und Datenschützer an den Anträgen für das Arbeitslosengeld II lässt Wolfgang Clement kalt: Wer mit den 16 Seiten "nicht zurecht kommt, soll mich anrufen", sagte er.

Wolfgang Clement reagiert unbeeindruckt ob der Kritik an den Antragsformularen für das neue Arbeitslosengeld II scharf. "Die Formulare sind hervorragend", sagte der Bundeswirtschaftsminister am Dienstag am Rande einer Veranstaltung in Berlin. Die 16 Seiten starken Anträge seien weniger bürokratisch als alles andere, was Hilfeempfänger bisher ausfüllen mussten.

"Das dauert eine halbe bis dreiviertel Stunde", betonte Clement. Die Kritik zeige, dass sich viele Betroffene offenbar nicht rechtzeitig um die notwendigen Informationen gekümmert hätten. Wer Geld vom Staat beanspruche, müsse diese Arbeit aber auf sich nehmen. "Wer nicht zurecht kommt, soll mich anrufen!" Außerdem, so Clement, gebe es auch dafür zuständige Callcenter.

Mehr als zwei Millionen Anträge auf dem Weg

Die Bundesagentur für Arbeit hatte am Montag damit begonnen, den mehr als zwei Millionen Empfängern von Arbeitslosenhilfe die Anträge für das neue Arbeitslosengeld II zuzusenden. Auf 16 Seiten sollen die Betroffenen über Einkommen, Vermögen, Wohn- und Familienverhältnisse detailliert Auskunft geben. Oppositionspolitiker und Sozialexperten kritisierten den bürokratischen Aufwand und befürchten ein organisatorisches Chaos.

Nach Ansicht des Diakonischen Werkes der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs seien vor allem Migranten mit den Anträgen für das Arbeitslosengeld II überfordert. Die Betroffenen müssten sich mit kaum verständlichen Wortungeheuern wie "Erlöschensbescheide", "Winterausfallgeld-Vorausleistung" oder "Leistungen nach dem Unterhaltvorschussgesetz" auseinandersetzen, sagte Sozialpädagogin Roswitha Mühlenbein von der Schweriner Diakonie. Das stelle nicht nur Aussiedler und Migranten vor große Probleme.

Datenschützer stören sich derweil vor allem an der Art der Fragen und Auskünfte. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz äußerte erhebliche Bedenken gegen das 16-seitige Formular. Besonders das Zusatzblatt 2 mit der Einkommenserklärung sei mit dem Sozialgeheimnis nicht vereinbar, sagte Peter Schaar. Über den Vordruck erlange der Arbeitgeber eines Angehörigen Einblick in geschützte Daten des Mitarbeiters und des Antragstellers, die nicht für ihn bestimmt seien. Auch in diesen Punkten wollte Wolfgang Clement nicht folgen.

Keine gesetzliche Verwendungspflicht für das Formular

Schaar sagte, dass es keine gesetzliche Pflicht gebe, diesen Vordruck zu verwenden. Der Verdienst könne auch anderweitig, zum Beispiel über einen neutralen Gehaltsnachweis bescheinigt werden. An die Bundesagentur appellierte der Datenschützer, von sich aus auf diese alternative Möglichkeit hinzuweisen.

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