Als ich mich im Entree der Telekom-Firmenzentrale in Bonn beim Small-Talk mit Jochen Kienbaum, dem Grandseigneur der Personalberaterzunft unterhielt, hatte der schon ein gutes Gefühl, dass Jenny Baum-Minkus einen der begehrten Preise gewinnen könnte. Seine Augen glänzten verzückt, als er von "Gitti" erzählte, einem innovativen Nagellack. Der Name der Marke ist übrigens ein Dankeschön an die Mutter der smarten Gründerin, die kurzerhand den Vornamen ihrer Mum auf die Produkte schrieb, weil diese sie immer darin bestärkt hatte, ihr unternehmerisches Vorhaben in die Tat umzusetzen. Mit Erfolg: Die in Frankreich hergestellten Nagellacke bestehen zu 55 Prozent aus Wasser, zudem aus natürlichen, duftneutralen Wirkstoffen und einem Minimum an Konservierungsstoffen. Genau der Mix, der bei einer neu denkenden jungen Zielgruppe ankommt.
Auch die Jury der diesjährigen Digital Female Leader Awards war begeistert: Jenny gewann und wurde vom Publikum gefeiert. Ihr Strahlen, ihre lockere Art auf der Bühne, ihre Schilderung des nicht immer einfachen Weges als junge Gründerin trafen ins Herz. Die junge Frau arbeitete einst ganz traditionell in einem großen Konzern. Irgendwann fragte sie jemand, was sie machen würde, wenn sie keine Angst hätte. "Glitzernagellack" war ihre spontane Antwort. Und dann nahm eine Geschichte ihren Lauf, die exemplarisch für viele Storys von Frauen steht, die sich etwas getraut haben.
Jenny recherchierte und stellte fest, dass traditionelle Nagellacke viele Inhaltsstoffe enthielten, die im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Ihr Plan: einen Nagellack auf den Markt bringen, der weder Mensch, noch Umwelt Schaden zufügt. Digital und modern wie die Gitti-Gründerin tickt, nutzte sie die Community in den sozialen Netzwerken. Sie fragte, checkte und kommunizierte offen und ehrlich. Auch über das, was nicht funktionierte.
Das kam an. "Ich habe immer das Gefühl, ein großes Team an meiner Seite zu haben", sagte Jenny Baum-Minkus mal in einem Interview über die digitale Unterstützung ihres Start-ups. Frauen wie sie waren es, die an diesem Abend in Bonn ganz viel Lust auf die digitale Zukunft machten. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen war so angetan, dass er den ganzen Abend blieb und den Frauen zurief: "Reden ist Silber, Machen ist Gold. Und da können sich viele männliche Kollegen eine große Scheibe abschneiden." Donnernder Applaus.
Bei der Kategorie "Social Hero" kam eine Frau auf die Bühne, die kokett "ich bin hier wohl die älteste im Saal" ins Mikro sprach. Ihre blitzenden Augen und das ansteckende Lachen sind zeitlos, Begeisterung altert nicht. Dagmar Hirche leitet "Wege aus der Einsamkeit e.V." und überschrieb die Arbeit ihres innovativen Vereins charmant mit den Worten: "Wir versilbern das Netz".
Seit zwölf Jahren geht es ihr und den anderen Gründungsmitgliedern der privaten Initiative darum, die Lebensumstände älterer Menschen und ihre Stellung in der Gesellschaft zu verbessern. Das Thema "Alter und Digitalisierung" ist seit 2015 ein Herzensprojekt der agilen Macherin, die sagt: "Wir dürfen Menschen 65+ nicht aus der digitalen Welt ausschließen, sondern müssen sie ermutigen und befähigen erste Schritte zu wagen."
Das erfolgt mit kostenfreien Gesprächsrunden, viele tausend Senioren haben bereits teilgenommen. Ich musste direkt an meine 85-jährige Mutter denken, die sich vor ein paar Jahren ein Notebook von meinen Geschwistern und mir wünschte und bekam. Seitdem ist sie eifrig im Netz unterwegs, schreibt Mails, recherchiert Material für ihre Nachhilfeschüler. Auch vor den sozialen Netzwerken macht sie nicht Halt und hat auch mich stets im digitalen Blick. Sie liebt es zwar nach wie vor, ihren Enkelkindern echte Briefe zu schreiben, aber ebenso gern ist sie online. "Man muss mit der Zeit gehen", erklärt sie ihren digital noch fremdelnden Freundinnen und "etwas Neues lernen hält den Kopf jung".
Als Dagmar Hirche auf der Bühne ihren Preis entgegennahm, wurde sie wie ein Popstar gefeiert. Eine Botschaft der inspirierenden Gewinnerin hatte Natascha Zeljko, Co-Founderin und Chefredakteurin der Diversity-Plattform "FemaleOneZero", schon im Vorfeld publiziert: "Fehler müssen erlaubt sein, weil man aus ihnen lernt." Word.
Als die begeisterte Gästeschar das Magenta-beleuchtete Gebäude verließ, trugen alle einen Jutebeutel mit der Botschaft der Global Digital Women hinaus in die Nacht: "Bigger. Stronger. More Diverse", stand drauf. Ich verabschiedete mich von Ertan Onaran, dem Vater der Initiatorin Tijen und fragte ihn, was es für ein Gefühl gewesen war, sein Kind auf der Bühne unterhaltsam mit Minister Pinkwart parlieren zu sehen. Er lächelte und sagte leise: "Sie ist ein tolles Mädchen." Das ist sie wirklich!