Wir müssen uns gar nichts vormachen: Wir alle sind oberflächlich, zumindest unterbewusst. Und das zeigt sich nicht nur beim nach rechts oder links Wischen in der Datingapp Tinder – wer uns optisch nicht anspricht, wird weggewischt, egal, wie sehr das Innere dieses Menschen auch überzeugt. Und so agieren wir auch im Beruf. "Schöne Menschen sind erfolgreicher", lautet das Klischee. Aber stimmt das auch?
Zahlreiche Studien belegen, dass tatsächlich die Attraktivität von Menschen direkten Einfluss auf die berufliche Karriere hat. Eine neue Untersuchung hat nun ergeben, dass sogar beim Vortragen von Powerpoint-Präsentationen das Aussehen entscheidend ist.
Für diese Studie der Hochschule Fresenius wurde Probanden eine Präsentation vorgelegt, auf deren Folien auch ein Bild des Vortragenden war – mal war dieser sehr attraktiv, mal weniger. Das Ergebnis war eindeutig. Obwohl einige der Versuchspersonen das Prinzip durchschaut hatten, aktiv gegensteuerten und auch die weniger attraktiven Menschen gut bewertet hatten, konnten die schönen Menschen auf ganzer Linie punkten.
Schönheit wird mit Erfolg gleichgesetzt
Ihr Vortrag wird von den Zuhörern als überzeugender bewertet als der der unattraktiven Vorredner. Und auch das in der Präsentation vorgestellte Unternehmen wird als umso erfolgreicher eingeschätzt, je attraktiver der Redner ist. Schöne Menschen haben also ganz klar Vorteile: Sie werden laut der Studie auch als geselliger, kreativer, intelligenter und fleißiger eingeschätzt.
In der Sozialpsychologie nennt man diesen Effekt auch Halo-Effekt, den Heiligenschein-Effekt: Man schließt von einer bekannten Eigenschaft einer Person auf eine unbekannte Eigenschaft. Findet man zum Beispiel hübsche Menschen sympathischer, dann schließt man daraus, dass eine Person, die einem am Telefon sympathisch ist, gut aussehen muss.
Nur noch schöne Menschen einstellen?
Sollten Personalchefs nun also nur noch attraktive Mitarbeiter einstellen, um ihr Unternehmen besonders gut zu repräsentieren? Bitte nicht, sagt Rabea Teschke von der Hochschule Fresenius, die die Studie durchgeführt hat: "Wir sollten sensibler dafür werden, dass wir Menschen im Alltag in Schubladen stecken. Man bewertet Personen innerhalb eines Wimpernschlags."
Die Menschen in den westlichen Kulturen seien sich relativ einig, was schön ist, sagt Teschke. Je nach Theorie werden attraktive Menschen nach drei Merkmalen definiert. Als schön gelten besonders durchschnittliche Gesichtszüge, symmetrische Gesichter und Menschen, die gewisse sexuelle Reifemerkmale in ihren Zügen aufweisen. Bei Frauen sind das beispielsweise eine kleine Nase und ein geringer Abstand zwischen Unterlippe und Kinn, bei Männern stark ausgeprägte Kieferknochen.
Mehr Gehalt dank Attraktivität
Nicht nur auf die Wahrnehmung während einer Präsentation, sondern sogar auf Beschäftigung und Gehalt wirkt sich Schönheit aus. Schon 2011 haben Wirtschaftswissenschaftler eine Umfrage unter 3000 Deutschen ausgewertet. Die Befragten sollten Beschäftigung und Gehalt angeben, zusätzlich wurden sie auf einer Elf-Punkte-Skala nach Attraktivität bewertet. Das Ergebnis: Sieht man außergewöhnlich schön aus statt nur durchschnittlich, bringt das bei der Stellensuche einen ebenso großen Vorteil wie ein Uni-Abschluss. Und: Für jeden Punkt, den sie bei der Attraktivität erhielten, verdienten die Befragten durchschnittlich drei Prozent mehr. Besonders ausgeprägt ist der Effekt bei unattraktiven Männern.
Bevor wir nun aber alle frustriert zum Schönheitschirurgen rennen: Zu schön sollte man besser auch nicht sein. "Das kann auch Neid hervorrufen", so Teschke. Ein Türöffner bleibt Attraktivität aber allemal.