Die Deutsche Bahn hat ein schwerwiegendes Problem mit demotivierten Mitarbeitern. Einer internen Umfrage zufolge sind nahezu 70 Prozent der Beschäftigten an ihrem Arbeitsplatz und durch ihre Tätigkeiten frustriert. Dies geht nach Informationen der "Financial Times Deutschland" (FTD) aus einer Erhebung hervor, die Konzernmarketingchef Ulrich Klenke kürzlich zusammengestellt hat. Ein Bahn-Sprecher bestätigte die Umfrage, wollte sich zu Details aber nicht äußern. Der Konzern steuere bereits gegen, etwa durch bundesweite Mitarbeiterkonferenzen. "Wir haben einen breiten Lern- und Veränderungsprozess angestoßen", sagte er.
Ein Bahn-Manager nannte die Ergebnisse der Stichprobenumfrage unter den 190.000 deutschen Mitarbeitern "erschreckend". Für das Dienstleistungsunternehmen Bahn sind zufriedene Mitarbeiter existenziell wichtig - geht es doch um den direkten Kontakt mit täglich Millionen von Kunden. Der Konzern braucht auch deshalb ein gutes Image, weil er künftig wieder verstärkt Personal wie Ingenieure einstellen will. Vor allem im Personenverkehr kämpft die Bahn mit zahlreichen Problemen, etwa der unzuverlässigen ICE-Flotte, Zugverspätungen und Ausfällen der S-Bahn in Berlin. Die Kritik der Bahn-Beschäftigten an ihrem Unternehmen fällt auch im Vergleich mit den einstigen Staatsunternehmen Deutsche Post und Deutsche Telekom hart aus. Beide schnitten in vergleichbaren Erhebungen deutlich besser ab als die Bahn.
Enttäuschte Kunden
Deren Mitarbeiter klagen zum Beispiel über zu geringe unternehmerische Freiheiten, lange Entscheidungswege, undurchschaubare Strukturen, überzogene Ziele oder eine veraltete Informationstechnik. Bei der Eisenbahngewerkschaft EVG hieß es, auch die unklare Zukunft der Bahn belaste die Beschäftigten. Die Regierung verweigere die Antwort darauf, ob aus dem Staatskonzern ein börsennotiertes Unternehmen werden solle oder eine Bahn mit öffentlichem Auftrag.
Als Grundproblem der Bahn gilt, dass sie eigene Versprechen oft nur unzureichend erfüllt - gegenüber Mitarbeitern wie Kunden. Dies zeigt auch eine Studie der Werbeagentur Serviceplan, die Marketingchef Klenke intern ebenfalls präsentiert hat. Demnach sehen 2000 befragte Konsumenten die Bahn im Vergleich von 67 deutschen Firmen auf dem vorletzten Platz, wenn es um soziale und ökologische Orientierung geht - vor BP und hinter Schlecker. "Da haben wir wohl Nachholbedarf", sagte ein Bahn-Manager.