Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat die Unternehmen erneut eindringlich aufgerufen, Auszubildende einzustellen. Andernfalls drohe eine gesetzliche Regelung zur Lösung der Lehrstellenmisere, sagte Schröder nach einer Sitzung des SPD-Gewerkschaftsrates am Dienstag in Berlin. Er fügte hinzu: "Was wir nicht unbedingt wollen, aber was die letzte Konsequenz sein kann." DGB-Chef Michael Sommer sprach von einem "konstruktiven Dialog."
Lehrstellen reichen nicht
Sommer sagte, trotz der Initiativen von Politik und Wirtschaft reiche die Zahl der Lehrstellen noch immer nicht. "Wir sind der Meinung, dass die Politik handeln muss." Er sei aber zufrieden, dass die SPD-Fraktion das Problem jetzt angehen wolle, sagte Sommer nach dem Treffen im Berliner Willy-Brandt-Haus. Dies sei "eine gute Perspektive". Dem SPD-Gewerkschaftsrat gehören das SPD-Präsidium und die sieben Vorsitzenden der DGB-Einzelgewerkschaften an, die SPD- Mitglied sind.
Die SPD-Fraktion hatte ihre Entscheidung über die umstrittene Ausbildungsplatzabgabe zuvor verschoben. Die Fraktion wolle zunächst den Zwischenbericht der Bundesanstalt für Arbeit über die Nachvermittlung der unversorgten Jugendlichen abwarten, kündigte SPD- Fraktionschef Franz Müntefering an.
Die Zahlen über die von der Wirtschaft versprochene Unterbringung der zum 30. September registrierten 35 000 Jugendlichen ohne Lehrstelle werden an diesem Donnerstag in Nürnberg vorgelegt. Für den Fall, dass die Vermittlung nicht funktioniere, bereite die SPD-Fraktion "intern eine Positionierung" vor, sagte Müntefering.
Union soll Blockadehaltung aufgeben
Bei dem Treffen im SPD-Gewerkschaftsrat ging es ferner um das Vorziehen der Steuerreform. Schröder forderte die Union anschließend erneut auf, ihre Blockadehaltung aufzugeben. Er begrüße, dass Bewegung in die Diskussion gekommen sei. "Ich bin bereit, über alle Finanzierungsvorschläge zu reden", sagte der Kanzler. Es gehe aber darum, die Binnenkonjunktur anzukurbeln.
Sommer betonte, die vorgezogenen Steuerentlastungen müssten dazu führen, "dass die Leute wirklich mehr in der Tasche haben". Darauf müsse bei allen Vorschlägen zur Gegenfinanzierung geachtet werden.
Der DGB-Chef hob zugleich das klare Bekenntnis des Kanzlers zur Tarifautonomie hervor. Der Kanzler sagte, er wünsche sich, dass die Tarifpartner sich auf neue Wege bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen und Entlohnung selbst einigten.