Ein Manager ist eine "leitende Persönlichkeit in einem Unternehmen", die eigenverantwortlich handelt und mit weitgehender Verfügungsgewalt und Entscheidungsbefugnis ausgestattet ist. So lautet die landläufige Definition eines Managers. Von einer persönlichen Haftung bei einem Fehlverhalten wird meist nichts erwähnt. Aufgrund der weltweiten Finanzkrise und dem eklatanten Fehlverhalten einiger Konzernchefs werden nun aber erneut Forderungen erhoben, die Verursacher der Krise auch persönlich in die Verantwortung zu nehmen.
Schärfere Managerhaftung
Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich in ihrer Regierungserklärung dafür aus: Sie will künftig Vorstände und Manager stärker für die Folgen ihres Missmanagements zur Verantwortung ziehen - und dafür die Managerhaftung verschärfen. Zwar gebe es bereits auch jetzt schon in Deutschland gesetzliche Grundlagen, um Konzernchefs in Haftung zu nehmen. "Wir stellen jedoch fest, dass diese Gesetze so gut wie nie genutzt werden", bemerkte die Kanzlerin.
Grund für die bisher eher seltenen Schadenersatzklagen gegen Manager ist vor allem die schwierige Abwägung: Wann liegt nur ein Fehlverhalten vor, wann eine falsche Unternehmensentscheidung? Denn mit der Managementtätigkeit ist auch eine Art erlaubtes Risiko verbunden - schließlich lässt sich der Erfolg einer Entscheidung nicht immer absehen.
Schwierige Beweisführung
Im Zweifelsfall müssen die Vorstände also beweisen, dass sie "mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften" Geschäftsleiters gehandelt haben. Erst wenn ihnen dies nicht gelingt, müssen sie zahlen. Wenn auch meist nicht persönlich: Mittlerweile ist es auch in Deutschland üblich, eine "D&O-Versicherung" (siehe Glossar) für die eigenen Vorstände abzuschließen.
Was der aufgeregten Volksseele besonders bitter aufstößt: Die Prämien für die "Versager-Police" übernimmt im Regelfall das Unternehmen - immerhin will es ja, dass die Vorstände im Schadensfall auch zahlen können. So nimmt seit Jahren die Zahl der "D&O-Versicherungen" zu.
Ganz ungeschoren kommen die Verursacher aber nicht davon: Die meisten Versicherungsverträge enthalten Haftungsausschlüsse für grob fahrlässiges Verhalten. Dann muss der betroffene Manager tatsächlich selbst zahlen. Aber auch das muss ihm erst einmal nachgewiesen werden.
mit DPA/AP
Die derzeitige Rechtslage
Der Gesetzgeber war in der Vergangenheit keineswegs untätig: Neue Regelungen, wie etwa das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich, das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts sowie der Corporate Governance Kodex haben die Sorgfaltspflichten für Manager durchaus verschärft. An der Umsetzung hapert es aber.
Nach dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz für Deutschland gibt es zwar die Möglichkeit, wegen einer falschen Ad-hoc-Meldung (kursbeeinflussende Informationen über börsennotierte Firmen müssen als Ad-hoc-Meldung der Öffentlichkeit bekannt gegeben werden - Anm. d. Red.) zu klagen - aber nur gegen das Unternehmen, und nicht den Manager.
Erst das Aktiengesetz legt fest, dass Vorstandsmitglieder, die "ihre Pflichten verletzt haben", dem Unternehmen auch den daraus entstandenen Schaden ersetzen müssen. Liegt so ein Schaden infolge einer Pflichtverletzung vor, wäre der Aufsichtsrat theoretisch verpflichtet, den eigenen Vorstand im Namen der Gesellschaft zu verklagen. "Das passiert in Deutschland aber so gut wie nie, höchstens gegen ehemalige Manager", sagt der Unternehmensrechtler Ulrich Wackerbarth von der Fernuniversität Hagen. Denn ob die Vorstände tatsächlich ihre Pflichten verletzt haben, ist oft Anlass für einen neuen Streit und einen langwierigen Prozess.
Die Belangung von Managern
Dass Manager wegen falscher Entscheidungen vor Gericht zur Rechenschaft gezogen werden, ist in Deutschland tatsächlich ein eher seltener Vorgang. Nach Einschätzung des Unternehmensrechtlers Ulrich Wackerbarth von der Fernuniversität Hagen sind die juristischen Hürden für die derzeit viel diskutierte Managerhaftung sehr hoch.
So müsste den Konzern-Vorständen beispielsweise eindeutig nachgewiesen werden, dass sie sich bei ihren Entscheidungen nicht ausreichend informiert haben oder Mittel des Unternehmens veruntreut wurden.
Dagegen steht aber, dass Manager auch dafür da sind, Risiken einzugehen. Es darf also nicht dahin kommen, dass Führungskräfte bei ihren Entscheidungen aus Angst vor Strafverfolgung risikoscheu werden.
Zwar muss anschließend das Vorstandsmitglied beweisen, dass es weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt hat. Doch stehen Manager nach Ansicht von Rechtsexperte Wackerbarth häufig vor Entscheidungen, bei denen der Erfolg nicht immer abzusehen ist. Daher sei es im Zweifelsfall schwierig, Fehlverhalten von falschen unternehmerischen Entscheidungen abzugrenzen, erläutert er.
Wie die Managerhaftung aussehen könnte
Angesichts der Bankenkrise macht sich besonders die Union für eine stärkere Managerhaftung stark. Der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Otto Bernhardt, nannte in der "Bild"-Zeitung konkrete Punkte, die in einem entsprechenden Gesetz stehen könnten:
"Denkbar ist zum Beispiel, dass keine Abfindung und keine Vergütung bis zum Beginn des Rentenalters mit 65 gezahlt wird", so Bernhardt. Eine weitere Möglichkeit sei, dass Vorstände bei vorsätzlichem oder fahrlässigem Handeln bereits erhaltene Boni zurückzahlen müssten.
Außerdem wird in der Koalition seit längerem überlegt, dass Firmen die Abfindung für einen gefeuerten Manager nicht mehr komplett von der Steuer absetzen können sollen. Auch ein höheres Grundgehalt, auf Kosten von niedrigeren Bonuszahlungen, ist im Gespräch. Damit soll die Fixierung der Manager auf Quartalszahlen und Aktienkurse zugunsten von langfristigen Firmenentwicklungen verändert werden.
Glossar
In der Diskussion um die Managerhaftung tauchen auch viele Fachbegriffe auf. Die folgenden sollten Sie kennen:
Außenhaftung
Meint die Haftung gegenüber "Dritten". Dritte sind zum Beispiel: Aktionäre, Darlehensgeber, Kunden, Vertragspartner, etc.
D&Os ( = Directors & Officers)
Bezeichnung für Unternehmensleiter im angelsächsischen Raum - vergleichbar mit Organen juristischer Personen nach deutschem Recht, zum Beispiel Vorstände, Aufsichtsräte, Beiräte, Geschäftsführer.
D&O-Versicherung ( = Directors & Officers Liability Insurance)
Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung für die Organe juristischer Personen.
Due Diligence
Sorgfältige und gewissenhafte Prüfung von Unternehmen in rechtlicher, strategischer und wirtschaftlicher Hinsicht. Eine Due Dilligence erfolgt häufig im Vorfeld von Fusionen und Übernahmen.
Innenhaftung
Meint die Haftung gegenüber dem eigenen Unternehmen. Hier besteht aufgrund der Beweislastumkehr (§§ 93 II AktG u. 34 GenG) eine materiell scharfe Haftung. In § 43 GmbHG findet sich für Geschäftsführer von GmbHs zwar keine gesetzliche Regelung hinsichtlich der Beweislastumkehr. Die Rechtsprechung wendet diese Regelung jedoch auch bei diesem Personenkreis an.
Nachhaftungsfrist
Normalerweise würde für Schadenfälle, die nach Ablauf des Vertrages gemeldet werden, kein Versicherungsschutz bestehen. Um diese Härte abzufedern wird noch für einen bestimmten Zeitraum nach Ablauf des Versicherungsvertrages der Versicherungsschutz geboten (allerdings nur für solche Pflichtverletzungen, die sich bis zum Ablauf des Vertrages ereignet haben).
Rückwirkung
Das heißt, dass es bedeutungslos ist, ob die Ansprüche auf Schadensersatz vor Vertragsabschluss verursacht wurden. Wichtig ist, dass die Ansprüche innerhalb der Vertragslaufzeit oder der Nachhaftung erhoben werden.
Punitive/Exemplary Damages
So heißen die in den USA im Rahmen von zivilrechtlichen Prozessen verhängten Entschädigungsleistungen mit Strafcharakter, die dem Geschädigten - neben der reinen Schadenersatzleistung - zugesprochen werden. Derartige Strafzahlungen werden von D&O-Policen grundsätzlich nicht gedeckt.