MITTELSTAND Mangelndes Engagement für den Mittelstand

Der Präsident des Zentralverbands des deutschen Handwerks, Dieter Philipp, hat der Bundesregierung mangelndes Engagement für den Mittelstand vorgeworfen.

Der Präsident des Zentralverbands des deutschen Handwerks, Dieter Philipp, hat der Bundesregierung mangelndes Engagement für den Mittelstand vorgeworfen. Dem Handwerk seien viele Versprechungen gemacht worden, auf die Taten warte der Mittelstand noch immer, sagte Philipp am Samstag in Rostock. Die Wirtschaft brauche eine Politik, die nicht nur die »Einmischung bei Großpleiten« als ihre Pflicht ansehe oder das »Manager-Monopoly« bei der Telekom als Staatsaufgabe begreife.

Nach Philipps Worten droht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Mittelstand und Großunternehmen in Deutschland aus der Balance zu geraten. Wenn die Politik dem Handwerk immer neue Lasten aufbürde, verspiele sie die Zukunft der gesamten Wirtschaft. Jetzt müsse das Ruder herumgerissen werden: »Jeder Monat, der untätig vergeht, kostet Arbeits- und Ausbildungsplätze.« Der Mittelstand repräsentiere 3,3 Millionen kleine und mittlere Betriebe. Das seien mehr als 90 Prozent aller Unternehmen, in denen 70 Prozent aller Arbeitnehmer beschäftigt seien.

Kein Geld für den Mittelstand

Immer mehr mittelständische Unternehmen klagen über die fehlende Bereitschaft von Banken, Kredite zu vergeben. In einer Umfrage unter 485 mittelständischen Firmen in Norddeutschland sagten fast 27 Prozent, die Kreditvergabebereitschaft habe sich verschlechtert.

Im Jahr 2000 waren es erst 15 Prozent. Auch die Serviceleistungen der Banken waren nach Einschätzung des Mittelstandes weniger gut: 30 Prozent der Firmen sagten, die Kundenbetreuung durch die Hausbank sei schlechter geworden. 2001 waren 24 Prozent dieser Ansicht.

Die Studie der Universität Hamburg im Auftrag des Unternehmensverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung ergab außerdem, dass gerade krisengeschüttelte Firmen oft von Banken die kalte Schulter gezeigt bekommen. Drei Viertel der Unternehmen berichteten, die Banken seien nicht bereit gewesen, bei Forderungsausfällen die Kreditlinie zu erhöhen. 70 Prozent der Firmen in den roten Zahlen bekamen gar keine Kredite mehr.

In der Studie wurde allerdings auch festgestellt, dass viele Mittelständler nicht die nötige Offenheit mitbringen, um die Banken zur Kreditvergabe zu ermutigen. So wollen nur 27 Prozent einen Business-Plan erstellen, aus dem die geschäftliche Zukunft hervorgeht.

Mittelstand wird als Arbeitgeber attraktiver

Mittelständische Betriebe in Deutschland sind nach Einschätzung des Personalberaters MRI Worlddwide als Arbeitgeber attraktiver geworden. In der wirtschaftlichen Krise stünden die kleineren Betriebe für Berechenbarkeit und Geborgenheit, teilte MRI Worldwide in München mit. Die großen Konzerne seien dabei, durch Massenentlassungen ihren Ruf als traumhafte Arbeitgeber auf lange Sicht zu ruinieren. »Das vielerorts praktizierte «hire and fire» der letzten Monate hat das Bild von der sicheren Karriereschmiede erschüttert«, sagte MRI-Deutschland-Chef Thomas Aurnhammer.

Trotzdem sei es für viele Mittelständler schwierig, geeignete Mitarbeiter zu finden. Im Gegensatz zu den großen Unternehmen habe der Mittelstand sich nicht aktiv genug an dem »Kampf um Talente« beteiligt. Besonders an Hochschulen und Universitäten mache der Mittelstand zu selten von sich reden. Die Karrierechancen seien aber in kleineren Betrieben wesentlich größer als in Konzernen. Durch den Generationenwechsel werde in vielen kleineren Betrieben auch der Chefposten frei. »Diese Vorzüge als Karriere-Turbo werden in der Gesellschaft kaum wahrgenommen«, sagt Aurnhammer. Er empfahl den mittelständischen Betrieben, stärker auf sich aufmerksam zu machen und den Vergleich mit den Großbetrieben nicht zu scheuen.

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