Zum Auftakt der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst hat Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble die Forderungen der Gewerkschaften als "nicht verhandlungsfähig" zurückgewiesen. Die Arbeitgeber würden erst ein Angebot machen, wenn es verhandlungsfähige Forderungen gebe, sagte Schäuble in Potsdam.
Gewerkschaften wollen acht Prozent mehr
Verdi und die zum Beamtenbund gehörende dbb Tarifunion gehen mit der höchsten Tarifforderung seit 15 Jahren in die Gespräche. Um acht Prozent sollen demnach die Löhne und Gehälter der rund 1,3 Millionen Angestellten und Arbeiter von Bund und Kommunen steigen, mindestens aber um 200 Euro monatlich. Nach Gewerkschaftsforderungen soll das Ergebnis für die Beamten in Bund und Kommunen übernommen werden. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) lehnt die Gewerkschaftsforderungen ebenfalls ab.
Arbeitszeit
Die Kommunen streben längere Arbeitszeiten an. Wenige Tage vor neuen Tarifverhandlungen waren sie allerdings mit ihrem Versuch gescheitert, dies vor dem Arbeitsgericht Berlin durchzusetzen. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) berief sich auf eine sogenannte Meistbegünstigungsklausel.
Diese sah vor, dass die Arbeitgeber für sie günstigere Bedingungen aus dem Tarifvertrag mit den Ländern in Anspruch nehmen können. Die Kommunen wollten wie in den Ländern die Arbeitszeit von 38,5 auf 40 Stunden verlängern. Nach Ansicht des Gerichts griff die Klausel hier nicht.
Betroffene
Betroffen von dem Tarifabschluss sind zunächst die 1,3 Millionen Angestellten des Bundes (162 000) und der Kommunen (1,13 Millionen). Aber ein Abschluss ist auch wegweisend für den mittelbaren Öffentlichen Dienst wie Wohlfahrtsverbände, Rentenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit.
Zudem sind diese Tarifabschlüsse immer auch eine Vorgabe für die per Gesetz vorgenommene Anpassung der Beamtenbesoldung. Die 790.000 Angestellten der Länder sind von dieser Tarifrunde nicht berührt.
Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) war 2005 aus dem öffentlichen Tarifverbund ausgestiegen. Der 2006 geschlossene Tarifvertrag für die Länder läuft noch bis Ende dieses Jahres und sah eine Entgelterhöhung von 2,9 Prozent zum 1. Januar 2008 vor. Im gesamten Öffentlichen Dienst (Angestellte und Beamte) arbeiten knapp 4,6 Millionen.
Einkommen
Im Mittelpunkt der Tarifrunde steht das Einkommen. Die Gewerkschaften Verdi und die Tarifunion des Beamtenbundes dbb verlangen acht Prozent, mindestens aber 200 Euro im Monat. Sie begründen ihre Forderung mit mehrjährigen Nullrunden, Reallohnverlusten durch die Inflationsrate und dem Anspruch, an der besseren wirtschaftlichen Entwicklung teilzuhaben.
Für den Bereich des Nahverkehrs wird eine Entgelterhöhung von neun Prozent gefordert sowie eine Erhöhung der Schichtzulagen. Die Auszubildenden sollen 120 Euro mehr bekommen.
Flächentarif
Ein überragendes Interesse der Gewerkschaft Verdi und der Tarifunion des Beamtenbundes dbb ist es, für alle Bereiche des Öffentlichen Dienstes Flächentarifverträge zu sichern. Durch den gesonderten Tarifvertrag mit dem Marburger Bund für die Klinikärzte sehen sie die Tarifeinheit gefährdet.
Restanten
Als 2005 mit dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) ein völlig neues Tarifwerk vereinbart wurde, blieb nicht genügend Zeit, um alle Fragen der Überleitung der vormals getrennten Tarifsysteme für Angestellte und Arbeiter in dem TVöD zu regeln.
So gab es beispielsweise im alten Bundesangestelltentarif (BAT) 17.000 Eingruppierungsmerkmale, die vereinfacht und in das neue System überführt werden müssen. Die Umsetzung kam jedoch ins Stocken. Eine neue Entgeltordnung gibt es noch nicht.
Dies kann nach Ansicht der Gewerkschaften auch nicht in dieser Tarifrunde geleistet werden, aber es sollten Vereinbarungen zum Verhandlungsverlauf getroffen werden.