Bei den Verhandlungen über die Sanierung des angeschlagenen Handelskonzerns KarstadtQuelle geht es angeblich um Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe für die nächsten drei Jahre. Die Gespräche, die am Montag fortgesetzt wurden, seien "hart, aber mit partnerschaftlichem Ansatz", verlautete am Montag aus Arbeitnehmerkreisen in Essen. Sollte die Gewerkschaft einer Lösung zustimmen, könnte es eine Einigung geben, die betriebsbedingte Kündigungen ausschließe. Nach Angaben des Betriebsrates befinden sich die Verhandlungen in einer "sehr kritischen Phase". "Ziel ist es, noch in dieser Woche zu einem Abschluss zu gelangen", sagte der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats der Karstadt Warenhaus AG, Wolfgang Pokriefke.
Oberste Priorität ist Arbeitsplatzsicherung
Der stellvertretende Verhandlungsführer der Arbeitnehmer, Johann Rösch, vertrat vor den Gesprächen am Montag die Auffassung, Zugeständnisse der Beschäftigten könne es allenfalls auf Kreditbasis geben. Sobald sich die Lage des Unternehmens gebessert habe, müsse es die gestundeten Leistungen zurückzahlen, erklärte der zuständige Fachbereichsleiter von Verdi Bayern. Oberste Priorität habe aber die Sicherung der Arbeitsplätze, unterstrich Rösch. "Die Frage, wie viele Arbeitsplätze abgebaut werden sollen, spielt eine ganz zentrale Rolle für uns", sagte er. Schließlich sei es schwierig, darüber zu verhandeln, welche Opfer die Beschäftigten erbringen sollen, "wenn noch nicht einmal die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze geklärt ist", sagte der Verdi-Vertreter.
Gespräche über mögliche Opfer der Beschäftigten machten auch nur Sinn, wenn genau feststehe, mit welcher Kapitalerhöhung sich die Anteilseigner an der KarstadtQuelle-Sanierung beteiligten. Die Großaktionäre Madelaine Schickedanz und Allianz sollen bereits grundsätzlich Bereitschaft für die Kapitalerhöhung signalisiert haben. Von den Banken verlangte der Verdi-Vertreter "vernünftige Kredite über lange Zeiträume, damit das Unternehmen mit neuen Konzepten eine Chance hat". Die im MDAX notierte Aktie der KarstadtQuelle verlor bis zum Mittag 0,39 Prozent auf 12,77 Euro.
Dienstag geht es um den Warenhausbereich
KarstadtQuelle-Unternehmenssprecher Jörg Howe hatte die seit Tagen unter Hochdruck laufenden Verhandlungen zuvor als "konstruktiv" bezeichnet. Das Unternehmen hatte angekündigt, dass bis zu einer für den Donnerstag angesetzten Aufsichtsratssitzung ein Ergebnis erzielt werden müsse. Nach Angaben einer Verdi-Sprecherin sollte am Montag zunächst über den Sanierungsbeitrag des bei Quelle zusammengeschlossenen Versandes verhandelt werden. An diesem Dienstag gehe es dann in Essen um den Warenhausbereich.
Von den Beschäftigten wird ein harter Sanierungsbeitrag erwartet. Das Unternehmen fordert Einschnitte beim Urlaub, sowie Mehrarbeit und Gehaltsverzicht. Der Gesamtbetriebsrat und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hatten dies bisher abgelehnt, aber die Bereitschaft zu Zugeständnissen bei übertariflichen Leistungen signalisiert.
Einigung bis Donnerstag
Nach Informationen aus Unternehmenskreisen muss bis Donnerstag eine Einigung mit den Arbeitnehmern auf das Sanierungskonzept erzielt werden, damit rechtzeitig zu einer außerordentlichen Hauptversammlung eingeladen werden kann, die über eine Kapitalerhöhung von 500 Millionen Euro entscheiden soll. Anteilseigner und Banken haben ihre Unterstützung des Konzerns an einen Sanierungsbeitrag der Arbeitnehmer geknüpft. Die Gewerkschaft Verdi rechnet allerdings nicht mit einer Einigung vor Ende Oktober. "Wir lassen uns nicht unter Zeitdruck setzen", meinte dazu Franziska Wiethold vom Verdi-Bundesvorstand für Handel. Eine raschere Einigung sei nur möglich, "wenn der Vorstand uns mit großen Schritten entgegenkommt."
In Unternehmenskreisen hieß es, eine Einigung müsse bis Donnerstag erzielt sein, um die Ladungsfrist von sechs Wochen für die Ende November geplante außerordentliche Hauptversammlung einhalten zu können. Die Entscheidung der Gesellschafter über eine Kapitalerhöhung müsse zu diesem Zeitpunkt fallen, denn sonst könnte es schwierig bei den Verhandlungen mit den Banken werden. Nach Informationen aus Bankenkreisen wird über eine Umwandlung kurzfristiger Kreditlinien von rund 1,6 Milliarden Euro in einen Dreijahreskredit verhandelt. Dem Vernehmen nach soll der Betrag zudem auf etwa 1,75 Milliarden Euro erhöht werden.
(mit Agenturmeldungen)