Porsche-Chef Wendelin Wiedeking begründet den Einstieg und den Machtanspruch seines Konzerns bei Volkswagen vor allem mit dessen industrieller Logik. Tatsächlich ist Porsche als vergleichsweise kleiner Autohersteller auf Partner in Produktion und Entwicklung angewiesen.
Auf sich allein gestellt könnte die Stuttgarter Sportwagenfirma die hohen Fixkosten nur schwer stemmen. Sie müsste zudem ein hohes Risiko auf sich nehmen. Und diese Fixkosten für Fabriken oder die Entwicklung neuer Baureihen steigen im härter werdenden Konkurrenzkampf der Autohersteller. Porsches Erfolgsgeheimnis ist eine in der Autoindustrie vergleichsweise geringe Fertigungstiefe. Die Wertschöpfung liegt laut Konzernchef Wiedeking bei den Porsche-Sportwagenmodellen bei 20 Prozent, beim Geländewagen Cayenne sogar bei nur zehn Prozent. Üblich seien in der europäischen Autoindustrie sonst 30 Prozent.
Fertigungstiefe
Der Begriff "Fertigungstiefe", auch "Wertschöpfungstiefe" genannt, benennt den Anteil der Eigenfertigung bei der Herstellung eines Produktes. So bedeutet eine Fertigungstiefe von 0 Prozent, dass ein Unternehmen nichts Eigenes herstellt, sondern nur Endprodukte verkauft. Bei 100 Prozent würde eine Firma dem entsprechend alles alleine produzieren. Der VW-Konzern hat eine relativ hohe Fertigungstiefe, da er zum Beispiel eine eigene Gießerei betreibt und viele Einzelteile selbst herstellt.
Gemeinsame Plattformen
Traditionell ist Volkswagen der wichtigste Porsche-Partner. Die beiden Firmen haben gemeinsam eine Plattform für die Geländewagen Porsche Cayenne beziehungsweise VW Touareg entwickelt. Zudem arbeiten die Konzerne zusammen, um in zwei bis drei Jahren einen umweltfreundlichen Hybridmotor auf den Markt zu bringen. Für das 2009 auf den Markt kommende Porsche-Sportcoupé Panamera soll in einem VW-Werk die Rohkarosserie gefertigt werden. Weitere Projekte gibt es in der Sicherheitstechnik, bei der Fahrzeugelektronik und beim Thema Spritverbrauch.
Diese langfristigen Projekte machen Porsche in gewisser Weise auch vom großen Volkswagen-Konzern abhängig. Diese Zusammenarbeit könnte gefährdet werden, wenn bei VW der Eigentümer wechselt, so die Sorge in Stuttgart. Daher sah sich Wiedeking veranlasst, mit Porsche bei VW einzusteigen. So will der Manager den wichtigsten Verbündeten vor der Filetierung durch Finanzinvestoren schützen. "Eine Zerschlagung dürfen wir nicht zulassen. Deshalb haben wir gehandelt", sagte Wiedeking am Sonntag.
Die CO2-Flotten-Strategie
Neben den strategisch-industriellen Gründen stehen hinter dem Einstieg aber vor allem die Vision und der Machtanspruch von Porsche-Miteigentümer Ferdinand Piech. Piech ist Enkel des Porsche-Gründers und schaffte es bis auf den Chefsessel von Volkswagen. Jetzt ist er Chef des VW-Aufsichtsrats. Der Milliardär und Firmenpatriarch gilt bei Porsche und VW neben Wiedeking als Drahtzieher des VW-Engagements von Porsche.
In den vergangenen Monaten hat sich zudem gezeigt, dass das VW-Investment für Porsche das Problem der CO2-Schadstoffbelastung lösen könnte. Porsches hochmotorisierte Sportwagen liefern mit die höchsten CO2-Belastungen der weltweiten Autobranche. Sollte es irgendwann eine gesetzliche Regelung geben, wonach jeder Autokonzern einen bestimmten CO2-Grenzwert erfüllen muss, bekäme Porsche existenzbedrohende Schwierigkeiten. Wenn der Konzern die hohen Werte seiner Sportwagen aber mit den schadstoffarmen Kleinwagen von VW verrechnen könnte, wäre dieses Problem gelöst.
Schon bislang ein guter Deal
Porsches Einstieg bei Volkswagen erweist sich bislang auch als lukratives Geschäft. So stammen nach Analystenschätzungen mehr als 1,1 Milliarden Euro des Porsche-Vorsteuergewinns des vergangenen Geschäftsjahres von 1,59 Milliarden Euro aus Effekten des Volkswagen-Engagements. Dafür sind zum einen Kurssicherungsgeschäfte verantwortlich, zum anderen der Kurssprung der Volkswagen-Aktien.