Kapitalismus kann so schnöde sein. Der Menschheit droht womöglich eine Klimakatastrophe, und die Banker haben nichts Besseres zu tun, als zu überlegen, wie man daran noch ein paar Euro verdienen kann. Zum Beispiel die Damen und Herren bei Lehman Brothers. Am Montag bringt die US-Investmentbank ein "Klimawechsel-Aktienbasket" auf den Markt, zu kaufen bei allen Banken und Sparkassen. Wer dieses Wertpapier erwirbt, ist an der Börsenentwicklung von 14 Unternehmen beteiligt, die "gut auf die bevorstehenden klimatischen Veränderungen vorbereitet sind" und zu den "Gewinnern" des Klimawandels zählen könnten. So weit das Versprechen.
Mit ökologischer oder ethisch fundierter Geldanlage hat die Offerte aber nichts zu tun. Zwar finden sich unter den 14 Aktien die der Windradbauer Vestas (Dänemark) und Clipper (Großbritannien). Aber mit gleichem Gewicht sind Siemens, British Energy und Electricité de France vertreten, allesamt dick im Atomkraftgeschäft - nachhaltig umstritten.
Auch die Commerzbank surft auf der Ökowelle. Ihr Angebot: Der "Pictet Water Fund", ein Investmentfonds, der weltweit in Aktien der Wasserwirtschaft investiert. Klingt gewinnträchtig und "grün", ist aber auf den zweiten Blick Etikettengesäusel. Zuletzt waren fast fünf Prozent des Kundengeldes in Aktien des US-Konzerns ITT angelegt. Der beschäftigt sich zwar mit Wassertechnik - aber auch mit Militärbedarf. Zum Beispiel mit Nachtsichtgeräten. Das hat zwar auch etwas "Grünes", aber kaum Ethisches oder Nachhaltiges. Geldanlagen für ein reines "grünes Gewissen" sind noch rar. Eine Handvoll hat sich herausgeschält, bei denen sowohl Anlageidee als auch Wertentwicklung im grünen Bereich sind (siehe Tabelle). Am erfolgreichsten war bislang der "Activest EcoTech"-Fonds, der in Aktien von Ökotechnologiefirmen investiert. Solche Werte finden sich auch im "Ökovision"-Fonds, und darüber hinaus Firmen, die sozial- und umweltverträglich wirtschaften.
Der Haken: Kommt ein Trend bei der Masse an, hat er an der Börse häufig seine beste Zeit hinter sich. So erinnert die "grüne Welle" manche Börsianer schon an die einstigen Crash-Preise für Internetaktien. Aktien der größten deutschen Solarfirma, der Solarworld AG, kosten mittlerweile das 30-Fache des geschätzten Unternehmensgewinns. Die Titel des Windradherstellers Nordex werden gar zum 100-Fachen des vorhergesagten Firmenprofits gehandelt. Zum Vergleich: Deutsche-Bank-Papiere gibt es für das Achtfache der Gewinnerwartung. Gewiss: Junge Firmen wie Solarworld oder Nordex vertragen höheren "Börsenkredit" als Altindustrien. Normalsparern ist gleichwohl vom Einstieg in einzelne Ökoenergiewerte abzuraten. Dasselbe gilt - zumindest kurzfristig - für spezialisierte Fonds, erkennbar an Namen wie "New Energy" oder "New Power"; nicht zu verwechseln mit den breit gestreuten Öko/Ethik-Fonds.
Eine Erfahrung mit der Internetwirtschaft spricht für "Grünanlagen": Aus den Resten einer geplatzten Überspekulation geht alsbald ein Reigen solider Firmen hervor, bei denen sich eine Beteiligung auf lange Sicht lohnt. Irgendwie beruhigend - fürs Gewissen, das Ersparte und unsere Welt.