Es ist stets interessant, das eigene Land im Spiegel der Berichte von Auslandskorrespondenten zu sehen. In der britischen Tageszeitung "The Guardian" schrieb Christie Dietz einst über die deutsche Liebe zu Spargel. Mrs Dietz, die (mutmaßlich verheiratet mit Herrn Dietz) in Wiesbaden lebt, berichtet, zwar sei die Kombination von Fleisch und Kartoffeln tatsächlich Markenzeichen deutscher Küche, doch ebenso bezeichnend sei die brave Beachtung der Saisonalität von Speisen. Denn auch wenn heute im Grunde ja alles immerzu angeboten werde, äßen die Deutschen wie nach der Uhr im Sommer Berge von Steinobst und Beeren, um sich im Herbst dann auf die Kürbisgewächse zu stürzen.
Ihre Herzen wirklich schneller schlagen lasse aber der "Bleichspargel", von dem die Deutschen ab April alljährlich rund 125 000 Tonnen verputzten, um die kulinarische Liebe stets am 24. Juni pünktlichst zu beenden. Dick und lang seien die Stangen des Bleichspargels, der unter Erdhügeln wachse und nach Qualität geordnet in den Verkauf komme, sauber ausgerichtet und immer neu mit Wasser besprüht, um ihn nur ja frisch zu halten. Der deutsche Spargelappetit sei unersättlich ("more is more“), die Darreichung fast immer gleich – mit zerlassener Butter und Schweineschinken.
In manchen Anbaugegenden gebe es sogar Spargelköniginnen. Das möchte wie "ein seltener Anflug von Leichtigkeit“ anmuten, wüsste man nicht, dass die Königinnen ihr Amt mit Pflichtbewusstsein und großem Ernst als Vollzeitjob führten. Königin werde man auch nur, wenn man erst ein Antragsformular ausgefüllt und Eignungsgespräche überstanden habe.
Ähnliches könnte über die Franzosen und ihre Liebe zu den Austern geschrieben werden oder über die Italiener und ihr Speiseeis. Wird es aber nicht. Es ist das Spiel mit den Stereotypen von Pünktlichkeit, Gewissenhaftigkeit, Ordnung und heiligem Ernst, die beim britischen Leser eine Mischung aus Belustigung und Horror hervorrufen und ihn in seinem Verdacht bestätigen, am Ende seien die Deutschen doch seltsam bis suspekt und man tue gut, sich nicht noch tiefer mit ihnen einzulassen. Her mit dem Brexit-Formular.
Die Empfindungen der Briten mit Hinblick auf uns ähneln allerdings denen, die viele Deutsche genießen, wenn sie an Russen in der Sauna denken. In Dünkelhaftigkeit stehen wir den Briten kaum nach.
Hier lang geht es zur Spargel-Front
So ist also wieder "Spargelzeit season“ , und ich gestehe, meine ersten Kilo weißen Goldes bereits stereotyp mit zerlassener Butter und Schinken verspeist zu haben. Mit fortschreitender Saison werde ich aber sicher auch andere Saucen verlangen. Folgende passen zu Spargel, wie zum Glück überhaupt zu jeglichen Gemüsen, die gekocht oder in Dampf gegart werden.
Butter vergessen? Dann schmeckt auch diese Zitronen-Sahne-Sauce für 2–3 Personen: 200 ml flüssige Schlagsahne und 1 gestr. EL Mehl in einer Kasserolle miteinander verrühren (geht klümpchenfrei), einmal auf- und ca. 3 Minuten unter Rühren köcheln lassen. Dabei dickt das Mehl die Sahne cremig an. Den Abrieb von 1 Biozitrone unterrühren, mit 1–2 TL Zitronensaft, schwarzem Pfeffer und Salz würzen. Eine extrem einfache und zugleich endlos variable Sauce, die von dem lebt, womit man sie würzt (mit Muskat z. B. erhält man die klassische Sauce zu Blumenkohl).
Kräuter-Sauce für 4 Personen: 150 g Butter zimmerwarm werden lassen. Frische Petersilie, Dill, Kerbel und Estragon hacken und 30 g davon (etwa die Menge, die in eine Teeschale passt) mithilfe einer Gabel mit der Butter verkneten. 2 Schalotten pellen und sehr fein würfeln, die Würfel in etwas Butter bei geringer Hitze schwitzen, bis sie zu zergehen beginnen. Mit 50 ml Weißweinessig und 50 ml Weißwein ablöschen und die Flüssigkeit sprudelnd fast ganz reduzieren. Als Nächstes 100 ml Sahne angießen und 1 Minute mitkochen, dann die Kräuterbutter löffelweise unterschlagen, bis eine glatte, sämige Sauce entstanden ist, diese salzen und pfeffern.
Kalte Safran-Sauce für 6 Personen: 30 g Butter in einer Kasserolle schmelzen, 1–2 Briefchen/Döschen pulverisierten Safran (oder 10–15 Fäden, zwischen den Fingern zerrieben) zufügen und 2–3 Minuten schäumend aufkochen, dann 300 ml flüssige Schlagsahne angießen und einige Minuten köcheln lassen. 100–150 ml Crème fraîche einarbeiten und erkalten lassen, dann salzen und pfeffern.
Steinpilz-Butter-Sauce für 4 Personen: 150 g Butter zimmerwarm werden lassen. 25 g getrocknete Steinpilze mitheißem Wasser knapp bedecken und 10 Minuten ziehen lassen. 2 Schalotten abziehen und in sehr feine Würfel schneiden. Die Pilze mit der Hand ausdrücken, hacken und mit den Schalottenwürfeln in ein wenig Butter anschwitzen, 1 EL Weißweinessig und 50 ml Weißwein zugießen, aufkochen und um 1/3 reduzieren. 100 ml flüssige Sahne angießen und 1 Minute mitkochen. Restliche Butter unter ständigem Rühren mit dem Schneebesen einarbeiten, dabei salzen und pfeffern. Ein ziemlich butteriger Spaß, aber köstlich, wenn der Spargel etwa Rinderfilet begleitet.
Kräuter-Hollandaise: 100 g Butter zerlassen und bei ca. 60 Grad warm halten. 20 g Kerbel und Schnittlauchröllchen (zusammen) schneiden und bereithalten. 1 Ei, 2 Eigelb und 3 EL Gemüsebrühe in einer Kasserolle auf geringer Hitze schlagen, bis sie schaumig werden und anzuziehen beginnen. Sofort unter stetem Schlagen mit dem Schneebesen die warme Butter peu à peu einarbeiten. Die Emulsion mit 1–2 EL Zitronensaft anschärfen, salzen und pfeffern, zum Schluss die Kräuter einarbeiten und weiterschlagen, dass die Sauce schaumig bleibt. Insgesamt viel Butter, ja, aber Spargel selbst hat ja nix auf den Rippen. Und: immer schön die Klischees bedienen.
Spargelschäler Test: Hier geht es zum Spargelschäler Vergleich.
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