Bis zum Sommer will der Bund nach langem Streit entscheiden, ob das 35.000 Kilometer lange Gleisnetz beim geplanten Börsengang der Bahn unter dem Dach des Unternehmens bleiben soll. Verbände und Teile der Politik rufen nach einer Trennung, um mehr Wettbewerb auf der Schiene zu erreichen. Doch Mehdorn will eine "Zerschlagung" des Konzerns auf der Zielgeraden zum Kapitalmarkt verhindern - der ehrgeizige Fahrplan wäre in Gefahr.
Studie: Börsengang ist machbar
Bewegung in die seit Jahren schwelende Debatte soll nun ein neues Gutachten bringen, das Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) inzwischen in den Händen hält. Doch zu einer eindeutigen Empfehlung kommen auch die Fachleute um die Unternehmensberatung Booz/Allen/Hamilton nicht. Fünf abgestufte Modelle vom Status quo des Konzerns mit Netz bis zur völligen Trennung und Rückgabe der Gleise in die Obhut des Bundes untersuchten die Experten. Fazit: Ein Börsengang des letzten großen Staatsunternehmens ist in allen Varianten machbar. Und auch die Unterschiede bei den Folgen für Wettbewerb und Entlastung des Bundesetats seien "deutlich geringer" als vielfach erwartet.
Erheblich wären jedoch die Auswirkungen auf den Zeitplan - und die künftige Struktur der Bahn. Nur wenn alles bleibt, wie es ist, könnte der Konzern bereits 2007 teilprivatisiert werden, prognostizieren die Gutachter. Je nach Ausmaß einer Herauslösung des Gleisnetzes ergäbe sich dagegen eine Verschiebung von drei bis fünf Jahren. Denn nötig wäre dann ein Umbau des Bahnkonzerns, der das Netz derzeit über seine Tochter DB Netz betreibt. Und auch auf Seiten des Bundes müsste erst die Gestalt einer staatlichen Gesellschaft definiert werden, die das Netz von der Bahn übernehmen könnte.
Trennung macht alles teurer
"Durch die Trennung von Netz und Betrieb würde alles teurer", lautet daher ein zentrales Argument der Manager im Bahntower. Doch dabei geht es um mehr als Organisatorisches. Denn den Gewinn, der 2005 wohl auf mehr als 400 Millionen Euro gestiegen ist, erreichte der Konzern nach Jahren der Sanierung in seiner jetzigen Form. Von der "Börsenstory" eines neu zugeschnittenen Unternehmens müssten Investoren erst über längere Zeit überzeugt werden. Und mit dem Netz und den dazugehörenden Anlagen wären auch wichtige Vermögenswerte perdu. "Es würde mich schon wundern, wenn unser Gesellschafter so ein Winning-Team ändern würde", sagt Mehdorn.
Dass es nicht nur um die Interessen des Unternehmens geht, hat die Politik aber schon klar gemacht. "Entscheidend ist auch, ob die Modelle geeignet sind, Wettbewerb zu fördern und den Kundeninteressen zu dienen", sagt der SPD-Verkehrsexperte im Bundestag, Uwe Beckmeyer. Neben der Entlastung des Bundeshaushalts seien ordnungspolitische und verkehrswirtschaftliche Belange zu beachten, betont Unions-Experte Dirk Fischer: "Der Staat darf die politische Verantwortung für eine gute Infrastruktur nicht aus der Hand geben." Tiefensee, der sich noch nicht festgelegt hat, will auch Zwischenlösungen geprüft sehen.
Vertrag nur bis 2008
Auf Mehdorns neuen Vorstand für die Beziehungen zur Politik, Otto Wiesheu, kommt in den Wochen bis zur parlamentarischen Sommerpause Ende Juni jedenfalls schwierige Arbeit zu. Der frühere bayerische Verkehrsminister (CSU) muss in Parteien, Ministerien und Verbänden für einen baldigen Börsengang in der favorisierten Form werben. Für Mehdorn geht es in der neuerlichen Kraftprobe letztlich auch darum, ob er das große Ziel überhaupt noch selbst vollenden kann: Der Vertrag des 63-Jährigen läuft bis 2008.