Die Pannen beim Geldabheben mit EC- und Kreditkarten könnten für die deutschen Banken auch finanziell zur Belastung werden. Mehrere Beteiligte von Zahlungsverkehrsdienstleistern, Branchenverbänden und einzelnen Banken erklärten laut "Handelsblatt", dass mittlerweile zur Behebung der Panne auch ein Austausch von Karten diskutiert werde. Würden alle rund 30 Millionen fehlerhaften Karten ersetzt, käme auf die deutschen Banken insgesamt vermutlich ein dreistelliger Millionenbetrag zu - möglicherweise mehr als eine Viertelmilliarde Euro.
Der Zentrale Kreditausschuss (ZKA) - die Dachorganisation der Branche, der derzeit vom Sparkassenverband gesteuert wird - habe entsprechende Überlegungen nicht dementiert. "Es werden momentan die langfristigen Optionen geprüft", sagte eine Sprecherin dem Blatt. Entscheidungen seien noch nicht gefallen.
Grund für die drohenden Millionenlasten seien die weiter ungelösten Probleme bei Kartenzahlungen und -abhebungen im Ausland, sagten mehrere Insider dem Blatt. Es sei bislang offen, ob sich diese ähnlich wie in Deutschland durch eine Umprogrammierung von Geldautomaten lösen lassen.
Französisches Unternehmen übernimmt die Verantwortung
Der französische Plastikkartenhersteller Gemalto hat am Mittwoch die Verantwortung für die fehlerhaften Karten übernommen. Das Unternehmen versucht derzeit allerdings den kostspieligen Austausch abzuwenden. "Wir sind darauf bedacht, die Unannehmlichkeiten für die Kartenbesitzer möglichst klein zu halten", sagte Gemalto-Chef Olivier Piou.
Der Rückruf und Austausch einer Karte kostet nach Aussagen von Branchenkennern bis zu zehn Euro. Die Banken prüfen Regressforderungen gegen die Verantwortlichen. Piou erklärte: "Wir werden natürlich unseren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen."
Schuld an der Karten-Panne ist nach Angaben des ZKA ein Softwarefehler, der sich zum Jahreswechsel 2010 gezeigt hat. Beim Geldabheben an Automaten, wo der Fehler zuerst aufgefallen war, gibt es nach Angaben der Banken seit Dienstag aber kaum noch Probleme.
Aigner fordert Banken zu Kostenerstattung auf
Unterdessen hat Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner den Geldinstituten im Zusammenhang mit der Chip-Panne bei Millionen von EC- und Kreditkarten mangelnde Sorgfalt vorgeworfen. Die CSU-Politikerin forderte sie auf, den Kunden entstandene Kosten zu erstatten. Dem "Tagesspiegel" zufolge sagte Aigner: "Die Verantwortlichen müssen mehr Sorgfalt an den Tag legen, um die Sicherheit und Funktionsfähigkeit von Bank- und Kreditkarten zu gewährleisten". Banken trügen Verantwortung dafür, dass von ihnen ausgegebene Zahlungsmittel funktionierten. Kunden und Handel seien darauf angewiesen, dass der elektronische Zahlungsverkehr sicher und reibungslos läuft.
Die Ministerin appellierte an die betroffenen Kreditinstitute, "unverzüglich dafür zu sorgen, dass Kredit- und Bankkarten wieder einwandfrei funktionieren oder ausgetauscht werden". Schließlich zahlten die Verbraucher für diesen Service. Aigner weiter: "Wenn Kunden jetzt gezwungen sind, am Bankschalter Bargeld zu holen, dürfen dafür keine Gebühren berechnet werden." Auch das Ministerium von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) appellierte dem Blatt zufolge an die Banken, die Probleme "schnellstmöglich zu beheben". Der bargeldlose Zahlungsverkehr sei ein außerordentlich wichtiges und heutzutage völlig unverzichtbares Instrument des modernen Wirtschaftslebens.