Die Lage des insolventen Versandhauses Quelle spitzt sich erneut zu: Die Druckereien haben Produktion und Auslieferung des Hauptkatalogs komplett gestoppt. Hintergrund sind die Befürchtungen zweier Druckereien, dass die Arbeiten nicht bezahlt werden und sie auf ihren Kosten sitzenbleiben. Der Katalog ist jedoch für das Überleben von Quelle entscheidend. Quelle-Sprecher Manfred Gawlas bestätigte am Freitag, dass Quelle trotz des von der Politik bewilligten Massekredits über 50 Millionen Euro noch nicht über Liquidität verfüge. Man hoffe, dass die Zahlungsfähigkeit Mitte nächster Woche wieder hergestellt sei. "Sobald wir Zugriff auf die Konten haben, werden wir in unserem ureigenen Interesse die drängendsten Rechnungen bezahlen."
Der Insolvenzverwalter geht ebenfalls davon aus, dass die Essener Valovis-Bank bis zum kommenden Mittwoch die Zahlungen an Quelle wieder aufnehmen könne. Bis zum Montag sei mit der Vorlage des äußerst komplizierten Vertrags zu rechnen, der derzeit bereits 700 Seiten umfasse, sagte der Sprecher des Arcandor-Insolvenzverwalters. Zahlreiche Auflagen aus Brüssel und des Bundes müssten darin berücksichtigt werden. Die Valovis-Bank, die die Finanzgeschäfte für Quelle abwickelt, hat das Versandhaus nach der Insolvenzanmeldung von jeglichen Geldströmen abgeschnitten.
"Das wird sich nächste Woche klären. Dann läuft alles wieder normal", sagte auch ein Arcandor-Sprecher in Essen. Die Sorge der Druckereien bezeichnete er als "verständlich". Sie sei jedoch unbegründet. Ein Teil der Auflage des Quelle-Katalogs von insgesamt neun Millionen Exemplaren sei zudem bereits ausgeliefert.
Druckerei wartet auf Zahlungszusage
Der Katalog wird etwa zu einem Drittel von der in Freudenstadt im Schwarzwald beheimateten Schlott-Gruppe und zu zwei Dritteln von Prinovis, einem Gemeinschaftsunternehmen von Bertelsmann und Axel Springer - mit Sitz in Itzehoe produziert. Auch die mittelständische Unternehmen Print.Forum aus Sinsheim ist beteiligt. Bei Schlott stehen die Maschinen bereits seit Mittwoch still. Sprecher Marco Walz sagte, bislang sei nicht gewährleistet, dass der Katalog bezahlt werde: "Wir haben noch keine Zusage."
Prinovis teilte mit, Schlott und Print.Forum hätten einen Eigentumsvorbehalt auf von ihnen vorproduzierte Bögen geltend gemacht. Diese Bögen sollten von Prinovis in Nürnberg zusammen mit Katalogseiten, die im eigenen Betrieb gedruckt wurden, zum Gesamtkatalog weiterverarbeitet werden. Prinovis sei jedoch verpflichtet, Produktion und Auslieferung des Katalogs auszusetzen, bis die Vorlieferanten von dem Eigentumsvorbehalt zurücktreten, und habe die Maschinen deshalb am Mittwochabend ebenfalls gestoppt. "Wir haben ein Interesse, unserem langjährigen Kunden Quelle zu helfen", sagte ein Firmensprecher. Es liege jedoch nicht in den Händen von Prinovis, wann man die Auslieferung fortsetzen könne.
Der Bund sowie die Länder Bayern und Sachsen hatten zur vorläufigen Rettung von Quelle einen Massekredit über 50 Millionen Euro zugesagt. Damit wird die Valovis-Bank besichert. Quelle-Sprecher Gawlas unterstrich, dass Quelle selbst das Geld aus dem Kredit nicht erhält. Zunächst müsse das Factoring-Programm wieder anlaufen. "Jede Verzögerung ist eine weitere Schwierigkeit für uns", räumte er ein. Ein Massekredit ist in der Insolvenz ein Instrument, um den Geschäftsbetrieb in vollem Umfang zu erhalten. Dabei steht der Kreditgeber in der Liste der Gläubiger ganz weit oben, seine Forderungen werden vorrangig bedient.
Quelle versuchte am Freitag mit positiven Nachrichten dagegenzuhalten. Im Juni seien erstmals 50 Prozent der Umsätze im Internet erzielt worden, berichtete das Unternehmen. Damit sei ein wichtiges Etappenziel bei der Ausrichtung von Quelle auf das elektronische Geschäft (E-Commerce) erreicht, erklärte Geschäftsführer Konrad Hilbers.