Ecclestone-Prozess An diesem Deal ist nichts verwerflich

  • von Andreas Petzold
Der Deal im Schmiergeldprozess um Formel-1-Boss Ecclestone ist weder ungewöhnlich noch anrüchig. Wäre der Fall durchexerziert worden, hätte es wohl einen Freispruch aus Mangel an Beweisen gegeben.

Nun rollt sie, die Welle der Empörung. Bernie Ecclestone verlässt den Münchner Gerichtssaal als unbescholtener Mann. Ein win-win-win-Ergebnis: der Angeklagte freut sich, weil er Formel-1-Boss bleiben darf. Der Richter freut sich, weil er dem Angeklagten 100 Millionen Dollar zu Gunsten der bayerischen Staatskasse abgeknöpft hat. Der Staatsanwalt freut sich, weil der Angeklagte nun zwar als unschuldig zu gelten hat, aber doch irgendwie ein kleines bisschen schuldig ist, weil er ja sonst keine 100 Millionen Dollar bezahlt hätte. Eine Revision findet nicht statt, denn alle Verfahrensbeteiligten haben sich endgültig geeinigt.

Und das Publikum schaut verblüfft und überwiegend empört auf das Verfahren. Schließlich erscheint es auf den ersten Blick naheliegend, dass der 83-jährige Ecclestone der Justiz ein unmoralisches Angebot gemacht hat, das diese nicht ablehnen mochte. Das Empörungsgemälde ist ja auch so farbenfroh: mit diesem 1,59-Meter kleinen, alten, skrupellosen Milliardär, der die Formel-1-Puppen tanzen lässt, mit seiner 48 Jahre jüngeren Frau und gewachsenen Verbindungen in die Top-100 der globalen Finanzwelt.

Ein eingeübtes Procedere

Doch so einfach ist es nicht. Das Verfahren ist nach Paragraph 153a der Strafprozessordnung eingestellt worden, ein seit Jahrzehnten in Deutschland geübtes Procedere, das jedes Jahr in Hunderttausenden Fällen angewendet wird. Die Höhe der Geldauflage richtet sich nach dem Vermögen des Angeklagten. Insofern ist Ecclestone ein Glücksfall für die bayerische Staatskasse. Eingestellt nach 153a wird meistens dann, wenn die Vorwürfe der Anklage nicht schwer wiegen oder sie sich im Prozess nicht deutlich beweisen lassen. Letzteres dürfte im Fall Ecclestone den Richter bewogen haben, der Millionen-Dollar-Vereinbarung zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft zuzustimmen.

Die Staatsanwälte hatten Ecclestone vorgeworfen, Ex-BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky beim Verkauf der Formel-1-Mehrheit aus dem Besitz der Landesbank 44 Millionen Dollar Bestechungsgeld gezahlt zu haben. Als Gegenleistung soll Gribkowsky dafür gesorgt haben, dass sie ihren Formel-1-Anteil an den von Ecclestone bevorzugten Investor CVC verkaufte. Unter anderem ging es im Prozess um die Frage, ob Ecclestone wissen konnte, dass Gribkowsky als Vorstand einer staatlichen Bank Amtsträger war und somit Bestechung als Straftatbestand im Raume stand. Die Beweislage der Staatsanwaltschaft war augenscheinlich zu dünn.

Strafrichter lassen sich Urteile nicht abkaufen

Trotz aller Vorurteile, die nun auch in den sozialen Netzwerken herumgereicht werden, ist es absurd zu behaupten, Strafrichter würden sich so mir nichts dir nichts Urteile abkaufen lassen. Auch der Verfahrenseinstellung mit Geldauflagen in dieser Größenordnung folgt eine genaue Begründung, in diesem Fall durch den Vorsitzenden Richter Peter Noll. Jener angesehene Jurist, der Gerhard Gribkowsky vor zwei Jahren zu achteinhalb Jahren Haft verurteilte, weil sich der BayernLB-Vorstand die Ecclestone-Millionen Dollar in die Tasche geschoben hatte. Noll steckt also tief wie kaum ein anderer Jurist in den Details dieses Falls. Man kann sich deshalb ausmalen, dass es diesem Richter schwer gefallen ist, einem Deal mit Ecclestone zuzustimmen.

Wäre dieser Prozess bis zum Ende exerziert worden, hätte das Urteil vermutlich einen Freispruch mangels Beweisen ergeben. In dubio pro reo. Die Empörung wäre nicht minder groß gewesen.