Felipe Massa ist vielleicht der größte Schmerzensmann der Formel 1. Der ehemalige Rennfahrer, heute 42 Jahre alt, hätte fast mal den WM-Titel im Ferrari gewonnen, doch eine üble Intrige beim Nachtrennen in Singapur im September 2008 verhinderte, dass er sich zum Weltmeister krönte. Dass ist zumindest die Auffassung Massas – und es gibt nicht wenige, die es ähnlich sehen.
Jetzt zieht der Brasilianer vor Gericht und will den Titel auf dem Rechtsweg erkämpfen. Am Montag reichte er Klage gegen den Automobil-Weltverband Fia, den derzeitigen WM-Rechteinhaber Fom und den früheren Eigentümer Bernie Ecclestone ein. Das teilte die brasilianische Kanzlei Vieira Rezende Advogados mit, die Massa nach eigenen Angaben vertritt. Laut Nachrichtenagentur AP fordert Massa zudem Schadenersatz in Höhe von mindestens 82 Millionen Dollar (75 Millionen Euro) für verlorenes Preisgeld und entgangene Werbedeals. Das gehe aus einem AP vorliegenden Dokument hervor. Brasilianischen Medienberichten zufolge fordert Massa sogar bis zu 150 Millionen Pfund (175 Millionen Euro) – so die Quellen der Zeitung "O Globo".
Felipe Massa will die Wunde heilen
Massa kämpft um Gerechtigkeit und um einen angemessenen Platz in der Formel 1. Der frühere Helfer von Michael Schumacher will die Wunde heilen, die ihm damals zugefügt worden ist. Die ganzen Geschehnisse um eines der hässlichsten Kapitel der Formel-1-Geschichte sollen erneut auf den Tisch. "Ich habe immer gesagt, dass ich bis zum Ende kämpfen werde", wird Massa von AP zitiert. Die ganze Welt soll – quasi gerichtlich abgesegnet – erfahren, wie der mit Absicht herbeigeführte Crash des damaligen Renault-Piloten Nelson Piquet jr. mit beitrug, dass Massa am Ende der Saison den WM-Titel mit einem Punkt Rückstand auf Lewis Hamilton verlor.
Die Aufarbeitung des Crash lief zunächst schleppend. Erst ein Jahr später nahm die Fia nach der Veröffentlichung eines Medienberichts in Brasilien Ermittlungen auf. Es stellte sich heraus, dass Renault-Teamchef Flavio Briatore und Technikchef Pat Symonds ihren brasilianischen Fahrer Piquet jr. angewiesen hatten, einen Unfall zu bauen und das Safety Car auszulösen. Sie wollten mit der Aktion dem zweiten Renault-Piloten Fernando Alonso den dringend notwendigen Sieg verschaffen, was gelang.
Alonso steckte im Mittelfeld des Fahrerfeldes fest und hatte keine Chance auf den Sieg. Kurz vor dem Unfall holten sie ihn als Ersten in die Box und tankten den Wagen voll. Durch das Safety Car rückte das Feld zusammen und die anderen Autos durften erst an die Box, nachdem die Rennleitung den Stopp freigegeben hatte. So rückte Alonso im Feld weit vor, vor ihm lagen nur Gegner, die nicht nachgetankt hatten, aber später noch an die Box mussten. Der Spanier hatte freie Fahrt und gewann das Rennen als Außenseiter. Massa führte das Rennen lange an und als er schließlich zum Tanken kam, ging alles schief. Er fuhr zu früh los, riss den Tankschlauch mit und verlor viel Zeit. Er landete auf Platz 13. und holte keine Punkte. Am Ende der Saison unterlag Massa im WM -Kampf mit einem Punkt Rückstand.
Die Wertung des Rennensn wurde nicht annulliert
Die Fia verhängte damals lange Sperren gegen Briatore und Symonds (später wurden sie begnadigt), die Wertung des Rennens wurde aber nicht annulliert. "Massa will feststellen lassen, dass die Fia gegen ihre eigenen Regeln" verstoßen hat, als sie die Kollision nicht sofort untersucht hat. Er geht davon aus, dass er in jenem Jahr die Fahrermeisterschaft gewonnen hätte", wenn die Fia ordnungsgemäß gehandelt hätte, hieß es in einer Erklärung der Anwälte. Die Fia kommentierte die Klage auf Anfrage der Nachrichtenagentur AP nicht, eine Reaktion von FOM und Ecclestone stand zunächst aus.
Dabei sind es Äußerungen des früheren Formel-1-Chefs Ecclestone gewesen, die Massa zur Klage veranlassten. Im vergangenen Jahr hatte der mittlerweile 93 Jahre alte Ecclestone in einem Interview gesagt, dass die Vorkommnisse schon 2008 im Fahrerlager bekannt gewesen seien. Man habe sich dagegen entschieden, Schritte einzuleiten. Massa will das nun 16 Jahre später nachholen. Er findet, er hat das Recht dazu.
Quellen: DPA, "Motorsport-Magazin", "Formel 1"