EX-BERTELSMANN-CHEF Middelhoff auf dem Weg zu neuen Ufern

Nach seinem überraschenden Rauswurf deutet der Ex-Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff einen Wechsel in ein »anderes Land oder auf einen anderen Kontinent« an. Gleichzeitig verteidigt er seine Strategie für den Gütersloher Medien-Konzern.

Der ehemalige Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff hat in einem Interview erste Andeutungen über seine mögliche berufliche Zukunft gemacht. Er wolle im bevorstehenden Urlaub abwägen, ob sein beruflicher Mittelpunkt »da bleibt wo er heute ist, oder ober er sich vielleicht auch auf ein anderes Land oder auf einen anderen Kontinent verschieben könnte«, sagte Middelhoff den ARD-Tagesthemen am Dienstag. Der 49-jährige Manager wird in Medienberichten unter anderem als Kandidat für die Führung beim weltgrößten Medienkonzern AOL Time Warner in den USA gehandelt.

Börsengang muss Priorität haben

Middelhoff verteieigte ausdrücklich seine Strategie bei Bertelsmann, die zu seinem Ausscheiden am Sonntag geführt hatte. Er betonte, dass der von ihm angestrebte und von der Mohn-Familie offensichtlich angezweifelte Börsengang mittel- bis langfristig eine zentrale Priorität für das Unternehmen sein müsse. »Weil anderenfalls ein Großunternehmen wie Bertelsmann aus meiner Sicht der Dinge kaum auf Dauer wettbewerbsfähig sein kann international, in der Größenklasse, in der sich das Unternehmen zur Zeit befindet.«

Kernpunkt des Streits

Middelhoff deutete auch die Kernpunkte des Streits an. Seine Pläne hätten »möglicherweise auch erforderlich gemacht, die 75 Prozent in Frage zu stellen«, die derzeit bei der Familie Mohn und der Bertelsmann-Stiftung liegen. Auf jeden Fall wäre die Börsennotierung notwendig gewesen, betonte er. Nach den bisherigen Plänen sollten in zwei bis drei Jahren 25 Prozent der Bertelsmann-Aktie aus dem Besitz der Investorengruppe GBL an die Börse gehen.

Ehefrau des Firmenpatriarchen rückt auf

»Mein Szenario war, Bertelsmann absolut in der Weltklasse, in der Weltspitze halten«, betonte Middelhoff. Er hatte in seinen vier Jahren als Vorstandschef ziélstrebig den Ausbau der internationalen Aktivitäten von Bertelsmann verfolgt. Unterdessen rückte am Dienstag die Ehefrau des Firmenpatriarchen Reinhard Mohn, die 61-jährige Liz Mohn, auf eine Schlüsselrolle in dem Medienkonzern vor. Sie wird Vorsitzende der Bertelsmann- Verwaltungsgesellschaft, die die Aktienmehrheit der Bertelsmann AG kontrolliert.