Es war einmal ein Milliardär, der versprach Karstadt zu retten. Und das Beste: Keiner sollte Opfer bringen. Schön, aber viel zu schön um wahr zu sein. Am Ende wurden alle die auf ihn hörten - Gewerkschafter, Politiker, Mitarbeiter - bitter enttäuscht.
"Ich räume ein, dass wir auch viele Fehler gemacht haben", sagt Nicolas Berggruen, 53, im neuen stern, über seine Zeit als Karstadt-Eigner. Vier Jahre lang hielt der selbsternannte Weltverbesserer die Republik in Atem. Er gab sich als Gutmensch, inszenierte sich als Gegenentwurf zur fiesen Heuschrecke, sagte so poetische klingende Sätze wie "Karstadt gehört Deutschland. Ich bin nur ein vorübergehender Hirte - und hoffentlich ein guter". Nie war der Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit größer. In Wahrheit steckte der gerissene Investor keinen einzigen Cent seines eigenen Geldes in den maroden Kaufhauskonzern. Er sah tatenlos dabei zu, wie es bei Karstadt, statt aufwärts, immer weiter abwärts ging.
Das Ende der bizarre Episode: Vergangene Woche Freitag verkaufte Nicolas Berggruen den Rest seiner Karstadt-Anteile für einen Euro an den österreichischen Immobilien-Investor René Benko. Es war das Ende der Illusion, dass es im kalten Kapitalismus einen Investor mit sozialem Gewissen gibt. Einen weißen Ritter, der Karstadt als ein Stück deutsches Kulturgut bewahrt.
"Unser Plan ist leider nicht aufgegangen"
Berggruen hält bis heute an dem von ihm erschaffenen Trugbild fest. In einer wohlkalkulierten Mischung aus später Reue und erzwungener Einsicht, versucht er von seinem Ruf zu retten, was noch zu retten ist. "Wir haben Karstadt eine Chance gegeben, aber unser Plan ist leider nicht aufgegangen. Deswegen war es die richtige Konsequenz, den Weg für einen Neuanfang bei Karstadt freizumachen", sagt er, wenige Tage nach seinem Karstadt-Abschied zum stern. Gleichzeitig schiebt er die Verantwortung für die eigenen Fehler auf andere ab. "Bei meinem Einstieg wurden zwei Dinge vermischt: meine Rolle als Investor und als Philanthrop. Das hat bei vielen Beteiligten zu übersteigerten Hoffnungen und leider auch zu Frustrationen geführt." Das er an diesen übersteigerten Hoffnungen fleißig mitgewirkt hat, davon ist heute keine Rede mehr.
Fakt ist, dass die Karstadt-Mitarbeiter in der Berggruen-Zeit auf rund 150 Millionen Euro verzichtet haben. Dass in den vergangenen vier Jahren insgesamt 8000 der einst 25.000 Arbeitsplätze gestrichen wurden. Und Berggruen? Er soll an die 40 Millionen Euro verdient haben.
Wie viel genau, will er auch auf Nachfrage des stern nicht verraten, aber es sei "mit Sicherheit nicht annähernd so viel, wie manche derzeit glauben machen wollen." Und überhaupt, wichtiger sei jetzt der Blick nach vorn. "Deutschland bedeutet mir sehr viel. Hier habe ich meine Wurzeln mein Herz schlägt für Deutschland. Deswegen wird mich meine Arbeit, ob als Investor oder bei meinen philanthropischen Aktivitäten für mein Institut, immer wieder auch nach Deutschland führen."
Mehr über Berggruens fatale Bilanz...
.. lesen Sie im aktuellen stern