Mit gewissem Unbehagen blickt die Bundesregierung einer Tagung von Experten entgegen, die von Sonntag an in Berlin in der Thomas-Morus-Akademie stattfindet. Dort diskutieren Experten die Frage, ob Deutschland ein Paradies für Geldwäscher ist. Titel der Fachtagung: "Deutschland - ein Paradies für Geldwäscher?"
Rund 50 Milliarden Euro Schaden durch Geldwäsche
Das Thema Geldwäsche diskutieren Experten vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG), vom Bund der Richter und Staatsanwälte in Nordrhein-Westfalen (DRB-NRW) sowie der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ). Aus diesen Kreisen wird seit Jahren heftige Kritik an der Geldwäschebekämpfung in der Bundesrepublik geübt. Die Experten beziffern die jährliche Schadenssumme, die durch Geldwäsche entsteht, in Deutschland auf rund 50 Milliarden Euro. Weniger als ein halbes Prozent werde davon sichergestellt. Die Zahl wird auch von der Financial Action Task Force (FATF/OECD) bestätigt, eine internationale Organisation von 34 Staaten, die seit Jahren Grundsätze für den Kampf gegen die Geldwäsche entwickelt. Denn die Gelder würden häufig zur Finanzierung des Terrors und der Organisierten Kriminalität eingesetzt. Die Experten fordern auch, die Verschärfung des Kampfs gegen die Geldwäsche, weil nur dann der Kampf gegen das "Krebsgeschwür Korruption" gewonnen werden könne.
Die FATF hat die deutsche Politik der Geldwäschebekämpfung wiederholt scharf kritisiert. Nachdem die Bundesrepublik auch durch die EU-Kommission wegen Vertragsverletzung massiv gerügt worden ist, ist jetzt zwar der Entwurf eines novellierten Geldwäschegesetzes von der Bundesregierung vorgelegt worden, doch gilt auch dieses in den Augen der Experten noch immer nicht als praxistauglich.
Das bestehende Gesetz wurde nicht hinreichend umgesetzt
In dem Gesetzesentwurf der Regierung wird das Versäumnis des ungenügenden Kampfs gegen Geldwäsche offen zugegeben. Sie räumt ein, dass jetzt "lediglich der rechtliche Zustand hergestellt werden" soll, der bei "ordnungsgemäßer Einhaltung der vorhandenen gesetzlichen Bestimmungen" aus dem Jahr 1993 bestanden hat. Die Bundesrepublik bescheinigt sich also quasi selbst, 18 Jahre lang Geldwäsche billigend in Kauf genommen und das Geldwäschegesetz von 1993 nicht hinreichend umgesetzt zu haben.
Ob dies in Zukunft nun tatsächlich der Fall sein wird, bezweifelt der Bankexperte Andreas Frank, der bereits im Bundestag als Sachverständiger gehört worden ist, bei der zuständigen EU-Kommission gegen die Bundesrepublik wegen Vertragverletzung erfolgreich Beschwerde eingelegt hatte und auf der Tagung darüber referiert, wie er 14 Jahre lang von den deutschen Behörden in seinem Kampf gegen die Geldwäsche behindert und abgewimmelt worden ist.
Kontrollinstanzen sehen nicht genau hin
Frank befürchtet, dass der ernsthafte Kampf gegen die Geldwäsche noch immer nicht begonnen hat. Nach wie vor fehle den deutschen Behörden die Einsicht, das Geldwäschegesetz wirkungsvoll umzusetzen. Zwar habe Bundesfinanzminister Schäuble erreicht, dass die Geldwäschebekämpfung im Finanzbereich im Bereich des Bundes funktioniert. Aber im so genannten Nichtfinanzsektor, für den die Länder verantwortlich sind, werde Geldwäsche weiterhin billigend in kauf genommen. Frank: "Weil die Länder über die Spielbanken und etwa bei Immobiliengeschäften oder vor allem im Kunsthandel viel Geld einnehmen, blicken die Kontrollinstanzen nicht sehr genau hin. Das ist schlicht kriminell." Dienstaufsichtsbeschwerden und Strafanzeigen hätten an dieser Praxis nichts geändert, klagt Frank.
Die Tagung der Experten in Berlin will erreichen, "dass die Bundesregierung endlich den Kampf gegen die Geldwäsche intensiviert, um dem organisierten Verbrechen Finanzmittel zu entziehen und den ehrlichen Steuerbürger zu schützen". Ein wichtiger Schritt dahin wäre die Beweislastumkehr bei verdächtigen Geldgeschäften: Die Verdächtigen müssten dann die legale Herkunft ihrer Vermögenswerte nachweisen.