Der VW-Chef Martin Winterkorn steuert den neuen Polo vom Flughafen Olbia auf Sardinien zum Hotel Romazzino persönlich. Hinten im Kleinwagen sitzt die graue Eminenz, Ferdinand Piech, VW-Aufsichtsratsvorsitzender und Porsche-Großaktionär, auf dem Beifahrersitz Gattin Ursula. Weil sie längere Beine habe als er, witzelt Piech, nachdem er den neuesten Volkswagen entstiegen ist. "Ach", sagt Ursula Piech gutgelaunt, "wenn ich gefahren wäre, ich hätte die beiden Herren noch in den Graben kutschiert".
"Und so etwas lassen wir uns von keinem gefallen", knurrt Gatte Piech auf der Hotelterrasse, und er meint nicht Frau Piech. Gemeint ist Wendelin Wiedeking, der Vorstandsvorsitzende von Porsche. Auf ihn hat Piech es abgesehen, genau wissend, dass seine Sätze Schlagzeilen machen werden. Erst müsse Porsche sein Schuldenproblem in den Griff bekommen, sagt Piech mit Blick auf die geplante Fusion von VW und Porsche. "Das ist doch eine logische Sache", betont er am Montagabend am Rande einer VW-Veranstaltung in Olbia auf Sardinien. Dort sollte eigentlich nur der neue Polo von VW vorgestellt werden. Eigentlich. Stattdessen wird es zu einer Piech-Abrechnung mit Wiedeking.
Wiedeking hat sich übernommen
Der Porsche-Chef hat sich mit der geplanten Übernahme von Volkswagen übernommen. Auf dem Konzern lasten Nettoschulden von neun Milliarden Euro. Würden VW und Porsche jetzt wie geplant fusionieren, könnte die Lösung einfach sein: Volkswagen hat genug Geld, um die Schulden von Porsche zu finanzieren.
Aber so einfach will es Piech seinem Rivalen Wiedeking nicht machen. "Man muss wissen, vor wem man steht. Bei Volkswagen ist alles transparent", sagt er und fügt an: Die Risiken bei Porsche seien nicht so transparent. Der Mann mit dem Haifischlächeln demonstriert, dass er in Austeillaune ist und bereit, die ihn umringende Menge mit kühlen, wohl formulierten Boshaftigkeiten zu unterhalten.
Volkswagen geht es im Vergleich zu Porsche und der erdrückenden Schuldenlast fast schon blendend, das weiß auch Piech. Zwar leidet auch VW unter der Wirtschaftskrise, die Einbrüche beim Absatz sind aber geringer als anderswo. Um das zu beweisen, ist VW-Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh mitgereist. Man habe Luxusprobleme, strahlt der Arbeitnehmervertreter Ferdinand Piech an, der Vorstand wolle schon wieder Sonderschichten. "Wenn der Kunde mit Auftrag droht, sind wir zu allem bereit", sagt Osterloh. Die Mitarbeiter stehen zu Piech, lautet die Botschaft. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff lässt sich von seinem Regierungssprecher Olaf Glaeseker entschuldigen. Aber auch hier gilt: Niedersachsen steht zu Ferdinand Piech. Er hat alle seine Getreuen mitgebracht.
"Vom Durchmaschieren zur Demut"
Aber was wird aus Wendelin Wiedeking? "Er war 15 Jahre lang der Beste für Porsche. Und er genießt mein Vertrauen - noch", sagt dazu Piech und macht eine Pause: "Das 'noch' können sie wieder streichen." Im Moment sei Wiedeking bemüht, den "Reifenschaden" beim Porsche zu beheben.
Reifenschaden höre sich nach Bagatelle an, wird eingewandt, es gehe doch um Milliarden. Listig lächelt Piech: "Nach vier Wochen sehen wir, ob es reicht, nur Dichtungsschaum in den Reifen zu pumpen oder ob die Karkasse runter muss." Die Karkasse heißt wohl Wiedeking. Zu knapp sei die Zeit nicht, eine Lösung finde man auch in vier Wochen, "wenn so ein Kleiner wie VW dahinter steht. Das hat mit Sympathie zu tun. Herr Pötsch (An. d. Red.: Finanzvorstand von Volkswagen) hat sich niemals Geld geliehen und es dann bei einer anderen Bank besser verzinst. Und das Unternehmen Volkswagen ist ein klein wenig größer und ein klein wenig kreditwürdiger. Gerade in der heutigen Zeit ist das wichtig." Wieder eine Spitze gegen das Porsche-Management. Porsche-Finanzvorstand Holger Härter hat den Kauf von VW-Anteilen zum Teil mit riskanten Geschäften am Aktienmarkt finanziert.
Sollte es zu einem integrierten Konzerns kommen, wäre Porsche nur noch eine Marke neben anderen. Was passiert dann mit dem Porschechef? "Das wird er nicht machen wollen. Da müsste er zu viele Treppen hinabsteigen. Das ist auch eine Frage der Mentalität: Vom Durchmarschierer zur Demut…" Wieder ein Lächeln und als Ergänzung: "Glauben sie nicht, dass er es nötig hat."