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Förderkürzung für Sonnenstrom Für wen sich eine Solaranlage noch lohnt

Der Bund kürzt die Solarförderung drastisch, um die Kosten der Energiewende zu begrenzen. Die Solarindustrie sieht Wirtschaftsminister Rösler als Totengräber. Für wen sich eine Anlage dennoch lohnt.
Von Peter Neitzsch

Die Bundesregierung will die Solarförderung noch stärker und früher zusammenstreichen als bisher angekündigt. Nach monatelangem Streit haben sich Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) und Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) auf eine Reform der Fördersätze für Sonnenstrom verständigt. Eine feste Deckelung des Ausbaus, wie von Rösler anfangs gefordert, soll es jedoch nicht geben.

Die Milliardenförderung für Sonnenstrom zahlen die Bürger über die sogenannte EEG-Umlage mit der Stromrechnung. Einen Durchschnittshaushalt kostet die Solarförderung rund 70 Euro im Jahr. Seit Wochen trommelt deshalb vor allem die FDP für massive Kürzungen. Der Rekordzubau von 7500 Megawatt im vergangenen Jahr hat die Kosten noch einmal steigen lassen.

stern.de erklärt, wer von den Kürzungen betroffen ist und für wen es sich dennoch lohnt, eine Solaranlage zu installieren.

Wie viel Geld gibt es künftig noch für Solarstrom?

Neue Solaranlagen auf dem Hausdach müssen künftig mit 20,2 Prozent weniger an Förderung auskommen. Darauf haben sich Rösler und Röttgen am Donnerstag geeinigt. Für große Solarparks wird die Förderung gar um 29 Prozent gekürzt. Für die Solarfabriken gibt es demnach nur noch 13,5 Cent je Kilowattstunde Sonnenstrom. Für Anlagen bis 1000 Kilowatt beträgt die Einspeisevergütung künftig 16,5 Cent, für Dachanlagen immerhin noch 19,5 Cent. Zudem soll nach der neuen Regelung nur noch 90 Prozent des Stroms zu den garantierten Preisen abgenommen werden, bei Kleinanlagen sogar nur 85 Prozent. Der Rest muss selbst verbraucht oder vermarktet werden.

Ab wann gelten die niedrigeren Vergütungssätze?

Die Kürzungen bei der Solarförderung sollen nach dem Willen der Minister bereits zum 9. März in Kraft treten. Bisher war stets vom 1. April die Rede gewesen. Die Einschnitte sollten zügig umgesetzt werden, damit es bei Photovoltaik-Anlagen keine "Schlussverkäufe" zu alten, höheren Fördersätzen gebe, sagte Umweltminister Röttgen. Die für Juli geplante 15-prozentige Absenkung sei darin allerdings bereits enthalten. Letztlich muss aber der Bundestag festlegen, ab wann die niedrigeren Vergütungssätze gelten.

Sind weitere Kürzungen geplant?

Ja. Ab Mai wird die Förderung für alle neu installierten Anlagen jeden Monat zusätzlich um 0,15 Cent pro Kilowattstunde gekürzt. Auf das Jahr gerechnet sind das je nach Größe der Anlage zwischen 10 und 15 Prozent der Gesamtförderung. Die Regierung will so bis 2013 den Ausbau der Sonnenenergie auf 2500 bis 3500 Megawatt pro Jahr begrenzen. Ab 2014 soll der Ausbau um weitere 400 Megawatt jährlich sinken.

Sind auch alte Anlagen von den Kürzungen betroffen?

Nein. Da die Vergütungen auf 20 Jahre garantiert werden, sind alte Anlagen nicht betroffen. Die Höhe der Einspeisevergütung richtet sich nach dem Zeitpunkt des Anlagenbaus. Die Sondervergütung endet nach Ablauf des Förderzeitraums, aber das Einspeiserecht bleibt: Die Betreiber können ihren Strom entweder selbst verbrauchen oder zum dann geltenden Marktpreis verkaufen. Eine gut gepflegte Anlage kann durchaus weit über 30 Jahre Strom produzieren, auch wenn die Leistung im Laufe der Zeit etwas nachlässt.

Lohnt es sich jetzt noch, eine Solaranlage zu installieren?

Bei einer Vergütung von nur 19,5 Cent für kleine Dachanlagen müssen Hausbesitzer künftig genau kalkulieren, ob sich eine Anlage noch rechnet. Angesichts von Strompreisen für die Endkunden um 26 Cent je Kilowattstunde könnte es allerdings lukrativ werden, den Strom vom Hausdach nicht in das Stromnetz einzuspeisen, sondern für den Eigenverbrauch zu nutzen. Was beim Eigenverbrauch zu beachten ist, hat der Bundesverband Solarwirtschaft in einer Broschüre zusammengefasst. Die Rendite hängt vor allem davon ab, wie sich die Kosten für Dachanlagen in Zukunft entwickeln. 2011 wurde der Boom maßgeblich durch den Preisverfall befeuert: Weil der Markt von Billigmodulen aus China überschwemmt wurde, sind die Kosten drastisch gesunken.

Wie viel kostet eine Solaranlage?

Eine Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 1000 Watt unter optimalen Bedingungen (Kilowattpeak) kostet etwa 2500 Euro. Damit lassen sich im Jahr rund 800 bis 1000 Kilowattstunden Strom produzieren, etwa ein Fünftel bis ein Viertel des Verbrauchs einer vierköpfigen Familie. Wer sich komplett selbst versorgen will, muss mit Kosten von 10.000 bis 12.000 Euro rechnen. Hinzu kommen die Zinsen für den Kredit, der unter Umständen aufgenommen werden muss. Günstige Darlehen sind beispielsweise bei der Förderbank KfW erhältlich. Hier erhalten Sie einen Überblick über die Förderprogramme der Bundesländer und der Kommunen. Betrieb und Wartung der Anlage verursachen jährlich Kosten, die etwa ein Prozent der Investitionssumme ausmachen.

Worauf muss ich noch achten?

Je mehr Sonneneinstrahlung eine Anlage erhält, desto eher rechnet sie sich. Am besten für eine Solaranlage geeignet ist eine Dachfläche mit einer Neigung von 20 bis 60 Grad (als optimal gelten 30 Grad), die nach Süden zeigt. Auch Dächer mit südöstlicher oder südwestlicher Ausrichtung sind noch für Photovoltaik-Anlagen geeignet. Mit speziellen Rahmen lassen sich optimal ausgerichtete Solarpanels auch auf Flachdächern installieren. Wichtig ist, dass keine Bäume oder Häuser Schatten auf die Solarzellen werfen. Den vorrausichtlichen Gewinn, der sich abhängig vom Standort mit einer Photovoltaik-Anlage erzielen lässt, können Sie hier errechnen.

Was sagen Solarindustrie und Umweltverbände?

Die Solarindustrie sieht in den geplanten Förderkürzungen einen Frontalangriff auf die Energiewende: "Was hier geplant ist, ist ein Solar-Ausstiegsgesetz. Dem Solarstrom soll der Stecker gezogen werden", sagte der Geschäftsführer des Bundesverbands der Solarwirtschaft, Carsten Körnig. "Die Existenz von vielen zehntausend Arbeitsplätzen in einer der wichtigsten Zukunftsbranchen steht auf dem Spiel." Auch Greenpeace sieht die Führungsrolle der deutschen Solarindustrie gefährdet: "Die Absenkung kommt einem Installationsverbot für in Deutschland hergestellte Solaranlagen gleich", sagte Greenpeace-Energieexperte Sven Teske.

Wie viel Strom wird bereits durch Solarenergie produziert?

Insgesamt sind in Deutschland Solaranlagen mit einer Kapazität von 25.000 Megawatt installiert. Bei voller Sonneneinstrahlung entspricht das theoretisch der Leistung von 18 Atomkraftwerken. Die viel geäußerte Kritik: Nur ein Fünftel des in Deutschland produzierten Ökostroms stammt aus der Photovoltaik, die aber für fast die Hälfte der Förderkosten verantwortlich ist. Insgesamt ist der Beitrag der Sonnenenergie zum Energiemix eher gering: In der ersten Jahreshälfte 2011 stammten lediglich 3,5 Prozent des Stroms aus Solarenergie.

Von Peter Neitzsch (mit Agenturen)

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