Im vergangenen Jahr sorgte die Mehrwertsteuersenkung für günstigere Preise, nun wird es für Verbraucher deutlich teurer. Laut dem Münchener ifo-Institut wollen derzeit mehr Firmen ihre Preise erhöhen als je zuvor. Die Wirtschaftsforscher rechnen daher damit, dass die Inflation bis Ende des Jahres weiter steigen und auch in den ersten Monaten des nächsten Jahres hoch sein wird.
Das auf Konjunkturforschung spezialisierte ifo-Institut befragt jeden Monat rund 7000 Unternehmen, ob sie für die kommenden drei Monate Preiserhöhungen planen. Aus den Antworten bilden sie einen fortlaufenden Index. Dieser erreichte nun den höchsten Wert seit Beginn der Umfragen im Jahr 1991. Der Index stieg binnen eines Monats von 41 auf 45. Das bedeutet, dass 45 Prozent der Unternehmen ihre Preise erhöhen wollen, wobei Firmen mit Preissenkungen schon abgezogen sind.
Inflation bleibt hoch
"Das bleibt natürlich nicht ohne Folgen für die Verbraucherpreise", sagt der Leiter der ifo-Konjunkturprognosen, Timo Wollmershäuser. "Bis Ende dieses Jahres dürfte die Inflationsrate bis auf knapp 5 Prozent steigen und auch im kommenden Jahr zunächst spürbar über 3 Prozent liegen. Im Schnitt erwarten wir nun eine Inflationsrate von 3 Prozent in diesem Jahr und zweieinhalb bis 3 Prozent im Jahr 2022."
Die meisten Preissteigerungen erwarten Handelsunternehmen, von denen (nach Abzug von Firmen, die senken wollen) 65 Prozent die Preise anheben wollen. Aber auch Industrie (56 Prozent) und Baugewerbe (44 Prozent) verzeichnen stark steigende Preiserwartungen. Am moderatesten fallen noch die Preiserwartungen für Firmen des Dienstleistungssektors aus – aber auch hier liegt mit einem Saldenwert von 32 ein neuer Rekord vor.
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Preissteigerungen bei Kaffee, Getreide, Holz
Hauptgrund für die steigenden Preise ist laut ifo-Institut, dass Rohstoffe und Vorprodukte derzeit knapp und teuer sind. Das zeigen auch aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes: Demnach waren die Importpreise im Oktober 2021 satte 21,7 Prozent höher als im Oktober 2020. Einen ähnlich hohen Jahresanstieg habe es zuletzt 1979/1980 im Rahmen der zweiten Ölpreiskrise gegeben, erklärten die Statistiker.
Auch diesmal sind insbesondere hohe Energiepreise für die Teuerung verantwortlich: Die Einfuhrpreise von Erdöl haben sich binnen eines Jahres verdoppelt, Erdgas und Steinkohle sogar verdreifacht. Spürbar teurer wurden darüber hinaus aber auch Erze, Metalle, Kunststoffe, Düngemittel oder Holz. Die Importe von Rohkaffee wurden 61 Prozent teurer, Getreide 33 Prozent und Notebooks 9 Prozent.
Diese höheren Preise geben Hersteller und Händler nun an die Kunden weiter, erklärt das ifo-Institut. Der weitere Verlauf der Kostensteigerungen sei daher das größte Risiko für die Entwicklung der Inflation. Sollten die Gewerkschaften bei anstehenden Tarifverhandlungen hohe Abschlüsse erzielen, um den Kaufkraftverlust der Arbeitnehmer auszugleichen, könnte das die Entwicklung weiter treiben. Ökonomen sprechen in diesem Zusammenhang von einer Lohn-Preis-Spirale.
Angst vor der Lohn-Preis-Spirale
Wie groß die Gefahr ist, dass wir in einen solchen Teufelskreis rutschen, ist eine unter Ökonomen derzeit heiß diskutierte Frage. Zuletzt hatten viele Experten noch die Meinung vertreten, dass es so weit nicht kommen wird, weil Sondereffekte wie die zurückgenommene Mehrwertsteuersenkung im kommenden Jahr wegfallen.
Arbeitsmarktforscher Enzo Weber etwa erklärte kürzlich im stern-Interview, eine Lohn-Preis-Spirale sehe er nicht kommen und verwies auf eben solche Sondereffekte. "Hohe Energiepreise und die Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung aus dem vergangenen Jahr folgen auf eine Zeit, in der die Preise sehr niedrig waren." Ungewöhnlich steigende Löhne könne er hingegen noch nicht beobachten.
Und auch Kerstin Bernroth vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sprach vor wenigen Wochen noch von einem vorübergehenden Phänomen. Sie erklärte aber auch: "Je länger die Inflation so hoch bleibt, desto eher werden sich die Erwartungen auch in Löhnen und Preisen niederschlagen." Die Inflation von morgen werde auch von der Erwartung der Menschen getrieben, wie hoch sie morgen ist. "Das ist eine selbsterfüllende Prophezeiung."
Quellen:ifo-Institut / Statistisches Bundesamt